Die Neuen Meisterhäuser der berühmtesten Künstlerkolonie der Welt dürften maßgeblich dazu beigetragen haben, diesen Mythos von Purismus und Minimalismus zu begründen. Sie sind nach dem Umzug von Weimar nach Dessau 1925/26 entstanden und vor fünf Jahren saniert der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Was vielleicht als Konzept von „Neuem Wohnen“ und Experiment für serielles Bauen gedacht war, wirkt mit seinen ineinander verschachtelten Körpern wie hermetisch abgeschlossene Kuben. Es ist, als hätte ein imaginärer Lego-Stein die Matrix geliefert und den Bleistift Gropius’ geführt. Dennoch, in den sieben Jahren, die das Bauhaus in Dessau existierte, entstanden die bekanntesten Bauten und Produkte, die unser Bild vom Bauhaus bis heute prägen. Und, nur wenige Monate nach Aufnahme des Lehrbetriebs, wurde im November 1925 die Bauhaus GmbH zur Verwertung der an der Schule entwickelten Produkte gegründet.
Synonym für Fortschritt
Vielleicht ist es genau dieser Widerspruch zwischen dem Anspruch, die das Manifest von 1919 formulierte, und dem, was aus einer Idee wurde, die zwar die Welt eroberte, sich aber anmaßte, sie durch Gestaltung verändern zu können, um am Ende Luxusgüter und Design-Ikonen hervorzubringen. Das Bauhaus war von Anfang an ein ehrgeiziges gesellschaftspolitisches Projekt mit dem „Gesamtkunsthandwerker“ an der Spitze, der alle „werkkünstlerischen Disziplinen“ (Gropius) in sich vereint. Unstrittig bleibt, dass sich keine andere Schule in einer von Krisen geprägten Zeit so intensiv damit beschäftigt hat, wie politische, ökonomische, soziale und kulturelle Umbrüche mit den Mittel der Gestaltung kontrolliert werden können.