Loyale Kunden: Die datengestützten Erfolgsfaktoren

Datennutzung, Personalisierung, 24/7 und Omnichannel

Von Achim Himmelreich

Die Welt der Konsumgüter und des Handels durchläuft gerade eine turbulente Phase des Wandels. Alle nutzen Buzzwords wie „Agile“, „Omnichannel“ oder „Disruption“. Oft verbergen sich hinter diesen Buzzwords sinnvolle Ideen und Lösungsansätze, gleichwohl ist ein greifbares Bild der Zukunft selten erkennbar. In jüngster Zeit ist diese Entwicklung durch die COVID-19 Pandemie noch einmal beschleunigt worden. Dies betrifft das Segment der Spielwaren in einem erhöhten Umfang, schließlich befinden sich die Menschen wesentlich häufiger daheim und sehnen sich nach Spaß und Zerstreuung, die sich vorher außerhalb der eigenen vier Wände gefunden haben. So wundert es auch nicht, dass der Onlineanteil im Spielehandel die Marke von 50% passiert hat. Die Frage ist nun, wie man auf diese Entwicklungen reagiert und was sich konkret hinter den eingangs genannten Buzzwords verbirgt.

Die Macht der Kunden

Schon früher gab es den Ausdruck „König Kunde“, allein, die Realität sah ganz oftmals ganz anders aus. Heutzutage agieren die Kunden, vor allem die jüngeren, tatsächlich wie die Könige, denn das Smartphone gibt ihnen die Macht dazu. Preisvergleiche, Reviews, Empfehlungen und Einschätzungen zu bestimmten Spielen und Händlern bekommen sie tatsächlich in Sekunden, so dass Spielehändler erstmalig mit einer deratigen Markttransparenz und derart gut informierten Kunden konfrontiert sind. Dass dann das Smartphone (wie auch Tablet und Notebook) gleichzeitig auch noch als Spielkonsole und/oder als Erweiterung von analogen Spielen dient, macht die Gesamtlage noch einmal komplexer.

Um in diesem Hyperwettbewerb bestehen – und im Idealfall auch dem Preiswettbewerb ein wenig ausweichen zu können, müssen Händler, aber auch Hersteller, mehr bieten als das reine Produkt. Sie müssen relevant sein, indem sie beispielsweise dem Kunden neue Spiele oder Spielerweiterungen empfehlen, die tatsächlich zu seinen Vorlieben passen. Wenn sie diese Art von persönlicher Beziehung etablieren, dann schaffen sie Loyalität und produzieren loyale Kunden. Und das natürlich 24/7 auf jedem vom Kunden gewünschten Kanal.

Dem Kunden alle Wünsche von den Daten ablesen

Um die Kunden zu kennen, müssen die Unternehmen Daten über sie sammeln und aus diesen Daten anwendbare Erkenntnisse gewinnen, die die Grundlage ihrer relevanten und individualisierten Kommunikation mit den Kunden darstellen. Gegenwärtig sind die allermeisten Unternehmen von diesem Zielbild sehr weit entfernt. Oft betreiben sie nur eine rudimentäre direkte Schnittstelle zum Kunden. Die für den Wandel notwendigen IT-Instrumente existieren bereits bzw. befinden sich in der Entwicklung. Leistungsfähige Omnichannel-, Marketing- und CRM-Software ist ebenso vorhanden wie recht einfach einsetzbare Pakete für Advanced Analytics und Künstliche Intelligenz.

Wer sich die einzelnen Segmente der Konsumgüterindustrie anschaut, seien es nun Güter des alltäglichen Bedarfs, Sportartikel oder andere, der sieht, dass diejenigen Unternehmen, die die IT-Modernisierung und Digitalisierung konsequent vorantreiben, ihre Mitstreiter outperformen. Das Problem der Restriktion durch Speicherplatz ist mittlerweile durch die vorhandene Cloudtechnologie gelöst und de facto eine unbegrenzte sowie flexible Skalierbarkeit möglich. Und zu guter Letzt müssen große IT-Umstrukturierungen – etwa rund um eine komplexe und monolithische Software-Einführung – ein Unternehmen nicht mehr jahrelang lahmlegen. Denn Unternehmen können die Geschwindigkeit der Anpassung erhöhen, sich kontinuierlich weiterentwickeln und gleichzeitig den Betrieb aufrechterhalten. Das funktioniert beispielsweise über die Etablierung agiler Methoden und flexibler Strukturen, durch die Einführung von DevOp - ein Ansatz zur Verbesserung der Softwareentwicklung und des IT-Betriebs - und API Management (Web Application Programming Interfaces, übersetzt auch Programmierschnittstellen).

Neben der IT ist auch die Transformation innerhalb der Organisation entscheidend

IT ist sicher ein entscheidender Faktor, aber beileibe nicht der einzige oder vieleicht auch bedeutendste. Entscheidend ist, inwiefern sie die Transformation nicht nur technologisch, sondern auch auf strategischer, organisatorischer und kultureller Ebene umsetzen. Ein Chief Digital Officer etwa nutzt kaum etwas, wenn es sich um eine „zahnlose“ Stabsstelle handelt. Der Wandel zu einem kundenzentrierten Unternehmen kann nur funktionieren, wenn finanzkennziffernbasierte durch kundenzentrierte KPIs (Key Performance Indicator) ersetzt werden. Wenn agile Methoden zum gewünschten Erfolg führen sollen, der muss auch die Mauern zwischen den Silos einreißen und cross-funktionale Teams als Standard etablieren. Wenn folglich alle im Unternehmen eine daten- und kundenzentriete Haltung einnehmen, dann ist ein Unternehmen in der Lage, die „Schnittstelle zum Kunden zu besitzen und zu beherrschen.“

Über den Autor:

Achim Himmelreich blickt auf eine mehr als 20-jährige Beraterkarriere zurück. Bevor er zu Capgemini kam, war er u.a. Partner bei der Managementberatung Mücke, Sturm & Company. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist Digitalstrategie und Digitale Transformation. Die umwälzenden Veränderungen durch die Digitalisierung hat er von Anfang an begleitet und in zahlreichen Projekten die Etablierung neuer Geschäftsmodelle vorangetrieben. Seit 2016 setzt er diese Tätigkeit bei Capgemini als Global Head Consumer Engagement (Konsumgüter & Handel) mit einer End-to-End-Perspektive fort. Er ist Vizepräsident des Bundesverbandes der Digitalen Wirtschaft (BVDW), gefragter Speaker und Autor zahlreicher Fachartikel.

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