Gender-Klischees in Kinderbüchern: KI-Tool erkennt Stereotype

Wie viel Klischee steckt in Kindergeschichten der Weltliteratur? Die Statistikerinnen Laura Vana-Gür (TU Wien) und Camilla Damian (VU Amsterdam) haben ein Modell entwickelt, das Kinderliteratur auf Geschlechterklischees scannt – mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI). Herausgekommen ist ein KI-Werkzeug, das die Geschichten auf genau diese Klischees untersucht. Ein Score soll Verleger und Verlegerinnen, pädagogische Fachkräfte und Eltern über das Ausmaß des Gender Bias aufklären und für das Thema sensibilisieren.

Ergebnisse sollen transparent sein

Das KI-Tool der beiden Wissenschaftlerinnen weise jedem Buch einen Gender-Score zwischen 0 und 1 zu, erläutern die Wissenschaftlerinnen in ihrer Vorgehensbeschreibung. Je höher der Score, desto mehr geschlechtsbezogene Verzerrungen habe die KI gefunden. "Ein Nachteil von aktuellen Algorithmen zur Sprachverarbeitung ist, dass sie Vorurteile mitübernehmen", erklärt Laura Vana-Gür. Den Forscherinnen war wichtig, dass sich ihr eigenes Tool nicht selbst in Gender-Bias verfängt. "Wir haben nicht mit Blackbox-Methoden auf Texte gezielt, sondern uns angesehen, was es in der Literatur bereits gibt, und versucht, das unter Beachtung der Kriterien zu automatisieren", sagt Vana-Gür. "Wir müssen am Schluss wissen, was wir gemessen haben. Die Ergebnisse sollen transparent und nachvollziehbar sein."

Wörterbücher erfassen Klischees

Um ihren Zweck zu erfüllen, trainierte das Team sein Tool mit einer Sammlung frei zugänglicher Geschichten ohne Urheberrechtsschutz, darunter "Alice im Wunderland", "Cinderella", "Aladin und die Wunderlampe", "Rapunzel" und "Hänsel und Gretel". Außerdem speisten sie eine Definition der Hauptcharaktere und deren Geschlecht anhand der Wikipedia-Zusammenfassung ein. "Sind die Charaktere herausgearbeitet und ist deren Geschlecht bekannt, lassen sich Punkte wie das Verhältnis weiblicher und männlicher Charaktere leicht berechnen", erklären die Forscherinnen.

Für verschiedene Kategorien, etwa die Klischees bei Profession, Aussehen und Intelligenz wie für geschlechtsspezifische Begriffe wie Frau, Mann, Königin, König erstellten die Forscherinnen Wörterbücher. "Das erlaubt uns zu messen, in welcher Beziehung ein bestimmtes Wort zu einem geschlechtsspezifischen Wort steht – anhand des gemeinsamen Auftretens in einem bestimmten Kontext."

Zum Artikel: https://www.heise.de/news/Kuenstliche-Intelligenz-soll-Gender-Klischees-in-Kinderbuechern-aufdecken-9674807.html