Unveränderliche Grundlagen in der Welt der Spielwaren

Spielwaren im Spannungsfeld zwischen Trend und Tradition

Von Steve Reece

In der Spielwarenbranche wird Jahr für Jahr eine enorme Anzahl neuer Produkte auf den Markt gebracht. Regelmäßige Besucher der Spielwarenmesse entdecken bei jedem Besuch wieder Unmengen an neuen Artikeln. Der Anteil der Neuheiten dürfte pro Jahr bei 60–70 % aller Spielwaren liegen, auch wenn die Schätzungen hier auseinandergehen. Unsere Branche ist demnach sehr auf Neuheiten und Neues fokussiert. Wir sind stets und ständig auf der Suche nach dem nächsten großen Ding, dem neuesten Trend, der jüngsten Social-Media-Welle, auf die wir aufspringen können, um uns gegenüber der Konkurrenz einen Wettbewerbsvorteil zu sichern.

Tatsächlich aber ändert sich die Spielwarenbranche zu einem ganz großen Teil gar nicht so radikal. Wir konzentrieren uns oftmals zu sehr auf Veränderungen, Brüche und Neuheiten – zu Lasten der unveränderlichen Grundlagen.

Spielwarenkernkategorien und Spielverhaltensmuster

Die Kernkategorien sind über Jahrzehnte größtenteils unverändert geblieben: Modepuppen, Actionfiguren, Fahrzeuge, Brettspiele und so weiter. Von Zeit zu Zeit scheint eine neue Technologie den Einzug einer neuen Produktkategorie einzuläuten – vor einigen Jahren tauchten App-Spiele auf, ein Jahrzehnt zuvor waren es DVD-Spiele, die Liste ließe sich fortsetzen. Fakt ist aber, dass die Technologie in den letzten Jahren zwar um sich gegriffen hat und auf Seiten der Spielenden viel Zeit für sich beansprucht, der Markt für all die traditionellen Produktkategorien unserer Branche jedoch nach wie vor groß und sehr gesund ist.

Die Bedeutung beständiger Marken

Marken sind in der Spielwarenbranche ausgesprochen wichtig. Eltern kennen die einschlägigen Namen und vertrauen ihnen – insbesondere dann, wenn sie als Kind ebenfalls mit diesen Marken oder Produkten gespielt haben. Die Interaktionen von Eltern mit ihren Kindern werden von Gefühlen und Zweckmäßigkeit gelenkt. Aus diesem Grunde möchten Eltern den Spaß, den sie mit den nostalgischen Erinnerungen an ihre eigene Kindheit verbinden, mit ihrem Nachwuchs noch einmal neu erleben. Betrachtet man die Beststeller der letzten Jahrzehnte, sieht man, dass bestimmte Marken immer wieder auftauchen. Große Ikonen der Branche, wie Barbie, der Zauberwürfel, Monopoly, Lego und viele mehr, stehen Jahr für Jahr wieder auf den Listen der meistverkauften Artikel. Ganz ungeachtet all der Innovationen, die wir so sehen, haben viele Marken einen bleibenden Einfluss auf die Spielwarenbranche.

Spielwaren und Spiele zur Förderung der sozialen Kompetenz und der Entwicklung

Kinder betrachten Spielwaren tendenziell als etwas zum Spielen – eine Quelle der Freude, was natürlich auch der Wahrheit entspricht. Aus der Sicht der Eltern jedoch sind Spielwaren und Spiele Hilfsmittel zur Förderung der sozialen Kompetenz und der Bildung. Brettspiele unterstützen das Erlernen sozialer Fähigkeiten, wie etwa, dass man abwechselnd dran ist. Darüber hinaus fördern sie das Lesevermögen und die kognitive Entwicklung. Bei Wissenschaftssets liegt der Schwerpunkt klar auf der Bildung. In den letzten Jahren kämpfen Eltern einen aussichtslosen Kampf gegen zu viel vor Bildschirmen verbrachte Zeit, was dazu führt, dass Spielwaren zunehmend als mögliches Gegenmittel oder Hebelpunkt für den Versuch verwendet werden, die Kinder von den Bildschirmen fortzulocken. Tatsächlich aber sind Videospiele nichts Neues, auch wenn die Bildschirmzeiten heute ausgedehnter sind als je zuvor. In vielen Haushalten waren schon seit den frühen 1980er Jahren Videospiele der unterschiedlichsten Arten vertreten. Die tragbaren Geräte, über die die Kinder heutzutage verfügen, bergen ein gewisses Suchtpotenzial und befeuern einige der heutigen Trends, aber die Verlockungen des Bildschirms sind auch ihrer Elterngeneration nicht fremd.

Eltern möchten das Beste für ihre Kinder

Ein weiterer Anknüpfungspunkt ist, dass die überwältigende Mehrheit der Eltern aus ganzem Herzen das Beste für ihre Kinder möchte. Zu den seit langem bekannten Binsenweisheiten der Spielwarenbranche gehört die Erkenntnis, dass wir rezessionsresistent sind, denn im Normalfall werden Eltern auch in harten Zeiten Geld für ihre Kinder ausgeben. Selbst in der globalen Finanzkrise, in der die Wirtschaft auf der ganzen Welt litt, hat die Spielwarenbranche vergleichsweise gut abgeschnitten. Die einzigen größeren Absatzeinbrüche, die damals zu verzeichnen waren, hatten in erster Linie mit verschuldeten Einzelhändlern zu tun, deren Kreditrahmen schrumpfte und die daher aus dem Geschäft ausscheiden mussten. Das vierte Quartal 2022 war für den Spielwarenabsatz auf vielen Märkten eine fordernde Zeit, da die hohe Inflation und ein geringeres verfügbares Einkommen die Eltern dazu zwangen, sich mehr auf grundlegende Bedürfnisse wie Lebensmittel, Wohnen und Heizen zu konzentrieren. Aber allein die Tatsache, dass dies in vielen Ländern die erste Hauptabsatzsaison dieses Jahrtausends mit wirklich schlechten Zahlen war, zeigt, dass die Nachfrage nach Spielwaren tatsächlich zeitlos stark ist.

Unterhaltungskonzepte für Kinder

Das letzte Segment, in dem wir Jahr für Jahr die Wiederkehr derselben zeitlos-elementaren Themen beobachten können, ist der Unterhaltungsbereich für Kinder. Im ersten Star Wars Film, der 1977 in die Kinos kam, geht es in erster Linie um Gut gegen Böse, flankiert vom Einsatz für Freunde und Familie. Das ist eine absolut zeitlose Prämisse der Unterhaltungskonzepte für Kinder – einer der erfolgreichsten Filme des Jahres 2023 (mit weltweiten Einspielergebnissen von mehr als 1,3 Milliarden Dollar) war „The Super Mario Brothers“, der sich im Hinblick auf Gut gegen Böse und den Einsatz für Freunde und Familie mit ähnlichen Themen beschäftigt.

Trends aufgreifen und Bewährtes pflegen

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir bei unserer Jagd nach den neuen Trends und der nächsten Technologie auch die bewährte Basisausstattung zum Spielen nicht vergessen sollten, auf die sich die Spielwarenbranche seit so langer Zeit stützt.

Über den Autor

Steve Reece arbeitet seit dem Ende der 1990er Jahre in der Spielwarenbranche. Er arbeitete bereits für Hasbro, wo er ikonische Marken wie Monopoly, Trivial Pursuit & Play-Doh europaweit leitete. Über die Zeit erbrachte erbrachte hunderte von Millionen Euro Umsatzsteigerungen für seine Arbeitgeber, Klienten und Partner. Er trat zweimal als Sachverständiger von Spielwaren & Spielen für die UK Royal Courts of Justice und die Gerichte von Hong Kong auf. Er hat eine umfangreiche Erfahrung bezüglich Spielwaren & Spielen einschließlich Marketing, Consumer Insights, Vertrieb, Lizenzierung, Beschaffung und mehr, vorzuweisen. Heute leitet Steve Kids Brand Insight, ein führendes Beratungsunternehmen, das Spielwaren- & Spieleunternehmen hilft nachhaltig zu wachsen.

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