(Foto: Pernsteiner) ((hier handelt es sich um Spur 0-Handmuster von Lenz))

Modelleisenbahn und Zubehör: Das ist 2024 angesagt

Von Peter Pernsteiner

Auch in diesem Jahr war der Schwerpunkt der Messehalle 7A wieder das Thema Modelleisenbahn. Bestaunt wurden insbesondere die Handmuster von Lokomotiven in allen gängigen Maßstäben. Das Spektrum reichte von Miniatur-Eisenbahnen der Nenngrößen Z (1:220), N (1:160) und TT (1:120) über den am weitesten verbreiteten Maßstab 1:87 (H0) bis zu den fein detaillierten Großmodellen der Nenngrößen 0 (1:45), 1 (1:32) und 2m (1:22,5). Ergänzend dazu war auch viel Zubehör rund um die realistische Ausgestaltung von Modellbahnanlagen zu sehen. Abgerundet wurde das Spektrum in der Messehalle durch einige fantasievoll gestaltete und bunt leuchtende Kirmes-Schauanlagen.

127 cm langer amerikanischer Traum

Star auf der Vorführanlage von Märklin war der Big Boy in 1:32. (Foto: Pernsteiner)

Allein schon die Neuheitenflut von Märklin würde diesen Beitrag komplett sprengen. Das unbestreitbare Highlight des Marktführers war ein mächtig dampfendes fast 16 Kilogramm schweres und 126,5 cm langes Handmuster der amerikanischen Dampflok „Big Boy“ im Maßstab 1:32 (Spur 1). Das Modell aus Zinkdruckguss, Aluminium und Messing hat zwei ausgeklügelte digital ansteuerbare Rauchentwickler mit insgesamt sieben Miniatur-Gebläseeinheiten zur realistischen Dampfnachbildung an Schornstein, Pfeife, Abdampfrohr, Generator, Sicherheitsventil und den vier Zylindern der Lok. Angetrieben wird es von zwei Motoren und der Sound stammt vom 2019 in den USA wieder in Betrieb genommenen Vorbild. Maßstäblich etwas größer, aber mit dem gleichen Schienenabstand von 45 mm präsentierte Märklin unter der Schmalspur-Gartenbahn-Marke LGB ebenfalls ein paar Formneuheiten. Komplett aus Zinkdruckguss und Messing gefertigt wird eine 40 cm lange Dampflok mit Vorbild bei den Harzer Schmalspurbahnen. Sie kommt in drei Varianten und soll aus allen vier Zylindern sowie bei deren Betätigung aus der Pfeife dampfen. Die Freunde des Schweizer Glacier Express können sich auf die E-Lok HGe 4/4 II mit elektrisch hebbaren Stromabnehmern und funktionstüchtigem Zahnradantrieb für Steilstrecken freuen. Auch die Altau-E-Lok Ge 4/6 der Rhätischen Bahn dürfte auf großes Interesse stoßen.

Star auf der Vorführanlage von Märklin war der Big Boy in 1:32. (Foto: Pernsteiner)

Im H0-Maßstab 1:87 lässt Märklin unter anderem die beliebte Dampflok der Baureihe 86 als fein detaillierte Neukonstruktion aufleben. Für E-Lok-Freunde kommt die sechsachsige 224 mm lange Baureihe 151 mit elektrisch hebbaren Stromabnehmern. Für Fans moderner Triebzüge mit Doppelstockwagen kommt eine 113 cm lange vierteilige Einheit gemäß Vorbild des Siemens Desiro HC. Fast 40 cm misst die 14-achsige schwere Schweizer Doppel-Elektrolokomotive Ae 8/14. Einen Hauch von Nostalgie bringt das Replika-Krokodil gemäß Vorbild des ersten Märklin-Krokodil-Handmusters aus dem Jahr 1936, das in einer Nachbildung einer historischen Kartonverpackung geliefert werden soll. In Kooperation mit Piko entsteht schließlich noch eine exklusiv auf 2500 Packungen limitierte Edition des Metropolitan Express Train mit Vorbild um die Jahrtausendwende. Der Silberpfeil-Zug mit einer E-Lok der Baureihe 101 und sieben Wagen hat eine Länge von 236 cm. Wer lieber ganz kleine Erwachsenenspielzeuge haben will, kann sich auf zwei Spur Z-Neukonstruktionen von Märklin im Maßstab 1:220 freuen – den 53 mm kurzen Schienenomnibus VT 88.9 mit dem bekannten Kosenamen „Schweineschnäuzchen“ und eine 12 mm längere dieselhydraulische Mehrzwecklok der Baureihe V 90. Deutlich größer, aber auch noch für beengte Platzverhältnisse eignet sich eine Spur N-Formneuheit unter der Märklin-Marke Minitrix. Hier wurde die E-Lok der Baureihe 111 mit integriertem Digital-Sound für zahlreiche realistische Geräusche nebst passendem Schnellzug-Wagenset vorgestellt. Sie kommt in zwei Varianten gemäß Vorbildern um 1985 und aus dem Jahr 2023.

Neues auch Spur TT und Spur 0

Akku-Schleppfahrzeug ASF in 1:87 von Rivarossi. (Foto: Pernsteiner)

Auf dem großen Stand von Hornby Hobbies war ebenfalls viel Interessantes zu sehen. So ist das Unternehmen jetzt in den Markt für die Spur TT (Maßstab 1:120) eingestiegen und bringt voraussichtlich im Sommer unter der Marke Arnold das Modell einer inzwischen seit mehr als 25 Jahren eingesetzten Diesellok der Class 66 aus Großbritannien auf den Markt. Für die Marken Jouef und Rivarossi wurden erste unlackierte Handmuster der modernen diesel-elektrischen Rangier- und Streckendienstlok DE 18 von Vossloh im Maßstab 1:87 gezeigt. Die verschiedenen Varianten des überwiegend aus Zinkdruckguss gefertigten Modells unterscheiden sich in zahlreichen Details. Auch das winzige Akku-Schleppfahrzeug ASF der Baureihe EL 16 dürfte auf so manchen größeren Modellbahnanlagen mit Werks-Rangierbetrieb zu interessanten Einsätzen kommen. In Nürnberg waren bereits drei lackierte Farbvarianten in H0 zu sehen, die eine Länge über Puffer von nur rund 36 mm haben. Das Akku-Schleppfahrzeug kommt auch noch in einer um mehr als 40 Prozent verkleinerten Variante für Spur N-Anlagen mit dem Maßstab 1:160 unter der Marke Arnold. Und Spur N-Freunde moderner Hochgeschwindigkeitszüge können sich beispielsweise auf den italienischen „Frecciarossa 1000“ oder den spanischen „Iryo“ freuen.

Die Diesellok V 65 von Lenz Elektronik wird das erste Messing-Handarbeitsmodell des Unternehmens. (Foto: Pernsteiner)

Von einer Spurweite, die Märklin seit fast 70 Jahren nicht mehr im Sortiment hat, führte Lenz Elektronik gleich drei aktuelle Handmuster im Einsatz vor. Das Unternehmen hat vor ziemlich genau 20 Jahren erstmals Spur 0-Modelle im Maßstab 1:45 vorgestellt und produziert seither Loks und Wagen in Kunststoffspritzguss-Mischbauweise mit Rahmen aus Zinkdruckguss. In dieser Fertigungsweise wird auch der kleine Rangiertraktor Deutz KG 230 B im zweiten Halbjahr 2024 auf den Markt kommen. Er konnte in einer Werkslokversion gemäß Vorbild der Deutschen Bundespost bereits mit kräftiger Diesellok-Soundelektronik auf dem Messediorama pendeln. Komplettes Neuland betritt Lenz mit dem vorgeführten Handmuster einer Dampflok der Baureihe 86, die aus Zinkdruckguss und fein detaillierten Messing-Feingussteilen besteht und in zehn verschiedenen Varianten der Modellepochen III bis V ebenfalls im zweiten Halbjahr 2024 kommen soll. Noch einer weiteren Fertigungsart hat sich das Unternehmen jetzt zusätzlich verschrieben – eingefleischte Fans von nur selten nachgefragten Lokomotiven können sich auf Handarbeitsmodelle aus Messing freuen. Hier war als Neuheit eine Diesellok der Baureihe V 65 gemäß Vorbild der 1960er Jahre im Einsatz zu sehen. Sie fuhr zwar noch mit deutlich reduzierter Sound-Lautstärke, hatte aber bereits einen sich beim Fahrtrichtungswechsel um 180 Grad drehenden Lokführer als technisches Gimmick an Bord.

Kreativer Anlagenbau

Anlagen-Gestaltung mit Easy-Track-Individual von Noch. (Foto: Pernsteiner)

Was wären Modellbahnen ohne passendes Ambiente. Deshalb präsentierten in Nürnberg auch einige Hersteller entsprechendes Zubehör für den Bau und die Gestaltung von Anlagen und Dioramen. Die Firma Noch aus Wangen hat neben neuen Minifiguren, Figurengruppen und kleinen Szenarien für H0, N, TT und Z beispielsweise liebevoll von Hand geformte Bäume sowie LED-Beleuchtungszubehör. Sehr reizvoll im Maßstab 1:87 in Szene gesetzt wurde auch das Thema „Mittelaltermarkt“ - hierfür gibt es neben entsprechenden Laser-Cut-Bausätzen für Buden sogar einen großen Turnierplatz mit Tor samt Loge und zwei mit Lanzen bewaffneten Reitern, die gemäß Micro-Motion-Antriebskonzept wie bei einem Ritterturnier aufeinander zureiten. Dem Set liegt zudem ein Micro-Sound-Modul für realistische Turniergeräusche bei. Außerdem bietet Noch wieder einige interessante Easy-Track-Trassenbausätze für Gebirgs-Anlagen in H0 und N. Ebenfalls neu ist Easy-Track-Individual für die nahezu beliebige Planung einer dreidimensionalen H0-Anlage. Hierzu bietet das Unternehmen per Laser geschnittene Trassen-Elemente für viele gängige Standard-Gleise, -Bögen und -Weichen des C-Gleis-Sortiments von Märklin/Trix. Für den Bau in die Höhe werden die Trassenbrettchen auf Pfeilerelemente gesetzt, die sich auf Basis eines Baukastenkonzepts in unterschiedlichsten Längen zusammensetzen lassen. Nach dem Austesten einer entsprechend gestalteten individuellen Bergwelt können die Trassen beispielsweise mit Krepp-Papier seitlich beplankt werden, um daraus eine individuelle Landschaft zu formen.

Videointerview mit Sebastian Topp über das Easy-Track-Konzept von Noch.

H0-Schienenreinigungswagen von Tomytec. (Foto: Pernsteiner)

Für den Alltagsbetrieb auf großen Anlagen ist die kontinuierliche Gleispflege eine Herausforderung, weil Staub, Abrieb und vereinzelte Ölrückstände Kontaktprobleme für Lokomotiven und Funktionswagen zur Folge haben können. Hierfür gibt es schon seit langem diverse Schienenreinigungswagen. Tomytec hat auf Basis seiner Erfahrungen mit einem entsprechenden Reinigungswagen für Spur N-Gleise jetzt auch einen für H0 vorgestellt. Er kann wahlweise mit Hilfe eines integrierten Propellers von den Gleisen Luft und Staub ansaugen oder im Gleisreinigungsmodus zwischen den Wagen-Radsätzen einen kleinen Schleifteller bzw. einen Polierteller montieren. Die Stromversorgung des Saugpropellers erfolgt über zwei AA-Batterien und ermöglicht dadurch den Einsatz sowohl auf Zweileiter-Gleisen als auch auf Dreileiter-Gleisen. Der Wagen wird einfach von einer beliebigen H0-Lok gezogen und ist auch auf Bogengleisen ab 360 mm Radius einsetzbar.

Kirmes, fahrende Autos und mehr

Das Modell der Brauerei Veltins kann wie hier auch mit dem Faller Car System kombiniert werden. (Foto: Pernsteiner)

Zum Thema Kirmes gab es in der Messehalle nicht nur die von privaten Ausstellern und Vereinen toll gestalteten Schauanlagen, sondern auch ein Vorserienmodell des bereits im letzten Jahr für den H0-Maßstab 1:87 von Faller angekündigten Fahrgeschäft-Bausatzes „No Limit“. Sein mehr als 30 cm langer Arm mit Mini-Fahrgästen in der Gondel beginnt auf Knopfdruck ganz gemächlich und schaukelt sich elektronisch gesteuert realistisch hoch, bis die Vergnügungsfanatiker ganz oben mit dem Kopf nach unten baumeln. Wer noch keinen Kirmes-Platz auf seiner Anlage realisiert hat, kann sich auf das große Faller-Set „Jahrmarktvergnügen“ freuen. Es besteht aus Bausätzen für das Gondel-Karussell „Flipper“, einem Kettenkarussell und einer ebenfalls per Motor angetriebenen Schiffsschaukel. Zur Abrundung des Sets können auch noch vier Verkaufsbuden gebastelt werden. Bei Faller drehte sich aber bei weitem nicht alles nur um die Kirmes. Neu ist beispielsweise auch eine motorisierte Klappbrücke, die wahlweise mit einem H0-Eisenbahn-Gleis bestückt werden kann oder mit einem Fahrdraht für das Faller Car System. Als eine der dazu passenden LKW-Neuheiten wurde ein Mercedes-Benz Actros Streamspace mit Bedruckung der Brauerei Veltins vorgeführt. Er fuhr beispielsweise mitten durch die Lagerhalle des 68 cm langen und 25 cm hohen Handmusters eines Gebäudekomplexes der Veltins-Brauerei, die heuer ihr 200jähriges Jubiläum feiert.

Viessmann CarMotion-Prototyp eines VW Käfer. (Foto: Pernsteiner)

Viessmann Modelltechnik hat in Nürnberg viele Neuheiten rund um sein 2022 eingeführtes CarMotion-System für autonom fahrende H0-LKWs vorgeführt. So gibt es jetzt ein induktives Ladegerät mit 40 mm Durchmesser für den Unterflur-Einbau und bereits ausgelieferte LKW-Modelle können dafür nachgerüstet werden. Vielfältig einsetzbar sind Weichen-Abzweigmodule, die ab Werk wahlweise nicht nur als Links- oder Rechtsabzweig in eine Straße eingebaut werden können, sondern sogar als 3-Wege-Abzweig. Sie werden entweder von Hand betätigt oder mit Hilfe einer motorisierten Antriebseinheit. Die Steuereinheit IR Traffic smart kann bidirektional mit Fahrzeugen kommunizieren und ermöglicht beispielsweise Ampelschaltungen, bei denen Rettungsfahrzeuge auch bei Rot passieren können und querende Autos trotz grüner Ampel stehen bleiben. Mit drei unterschiedlich gestylten Radarfallen lassen sich realistische Blitzer realisieren, die tatsächlich nur bei zu schneller Fahrt auslösen. Eigenbau-Fans können sich über Universalelektronik-Boards, Vorderachs-Einheiten mit Magnet-Lenkarm und Hinterachs-Einheiten mit Unterflur-Antrieb freuen. Die größte Messeresonanz hatte der CarMotion-Prototyp eines VW Käfer. Obwohl er 48 mm kurz ist, lässt sich auch dieses Modell induktiv aufladen und wird bei Auslieferung eine automatische Abstandsregelung per Infrarot ermöglichen. Natürlich hat Viessmann auch neue H0-Gebäude und -Lichtsignale für Eisenbahnanlagen vorgestellt.

Videointerview mit Constanze Viessmann-Kato über die CarMotion-Innovationen.

Revell Kunststoff-Bausatz der Schnellzugdampflok S 3/6 in 1:87. (Foto: Pernsteiner)

Zur Abrundung dieses Berichts noch zwei interessante Lokomotiven jenseits der klassischen Modelleisenbahnen. Revell zeigte einen erst seit Januar lieferbaren Kunststoff-Modellbausatz aus 154 Teilen für eine 284 mm lange Schnellzug-Dampflok der Baureihe 18.5 bzw. S 3/6 im Maßstab 1:87. Nicht ganz so realistisch, aber trotzdem nett anzusehen ist eine ab August lieferbare Klemmbausteine-Schnellzuglok der Baureihe 03 im Maßstab 1:35. Die knapp 70 cm lange Dampflok wird von Cobi in Polen gefertigt und besteht aus 2720 Teilen. Zugunsten der Kompatibilität zu den Lego-Eisenbahn-Gleisen mit 38 mm Schienenabstand wird aber diesbezüglich wieder ein unmaßstäblicher Kompromiss eingegangen.

Über den Autor

Peter Pernsteiner (Dipl.-Ing. (Univ.) und Freier Journalist) entdeckte mitten im Elektrotechnik Studium seine Liebe zum Technik-Journalismus und landete bald danach in der Redaktion einer großen ITK-Fachzeitschrift. Seit 1994 schreibt er als freier Journalist insbesondere über Technik-Themen – unter anderem für Magazine im Bereich Modelleisenbahn. 2016 startete er zudem einen YouTube-Kanal für Technikreportagen, der inzwischen weltweit Beachtung findet.

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