Brennstoffzelle: Spielzeug mit Zukunftstechnologie

Mit Wasserstoff nach Las Vegas

Von Peter Thomas

Was für ein toller Trip für die „Hydrofoxes“: Die Schülerinnen und Schüler der Schulprojektgruppe aus Annaberg (Sachsen) haben die deutsche Wertung des Horizon Hydrogen Grand Prix (H2GP) gewonnen und sind im September zum Weltfinale der Autorennserie nach Las Vegas geflogen.

3. Platz beim Hydrogen Grand Prix in Las Vegas

Dort holten sie mit ihren Boliden beim „Second Chance Race“ am 14. September den dritten Platz und räumten gleich noch die Preise für das beste Team und den schnellsten Boxenstopp ab! Das alles geschah emissionsfrei und nachhaltig. Denn der Hydrogen Grand Prix wird mit Modellrennautos mit Brennstoffzellenantrieb von Horizon Educational im Maßstab 1:10 ausgetragen.

So viel Spaß kann also naturwissenschaftliches Lernen in der Schule machen – obwohl doch angeblich die MINT-Themen (Mathematik, Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften und Technik) manchmal als eher spröde gelten. Das Weltfinale war denn auch Teil der RE+, einer US-amerikanischen Energiekonferenz. Mehr als 200 Kinder und Jugendliche aus über 20 Ländern traten mit den aus Experimentierbaukästen montierten Autos an.

Spielerisch lernen für die Zukunft

Die Beschäftigung mit dem Energiewandler Brennstoffzelle in der Schule oder auch als Experimentierspielzeug für zu Hause greift einen wichtigen Trend der realen Industrieentwicklung auf. Denn „grüner“ Wasserstoff, der durch Elektrolyse von Wasser mit Strom zum Beispiel aus Sonnen- oder Windkraft gewonnen wird, gilt als einer der wichtigsten Energieträger der Zukunft. Die Brennstoffzelle wandelt das vielseitige Gas wieder in Strom – zum Beispiel für den Antrieb von Nutzfahrzeugen, Lokomotiven, Maschinen oder für die Versorgung von lokalen Stromnetzen (Mikrogrids).

Brennstoffzelle schaffte es schon lang ins Kinderzimmer

Hersteller klassischer Experimentierspielzeuge haben das Thema deshalb schon länger auf dem Schirm. „Fischertechnik hat erstmals Anfang der 2000er-Jahre eine Brennstoffzelle in einem Baukasten eingesetzt. Seither ist das Thema mit unterschiedlichen Brennstoffzellen und verschiedenen Anwendungen stets weiterentwickelt worden“, sagt beispielsweise Hartmut Knecht. Der Maschinenbauingenieur leitet die Entwicklung von Fischertechnik.

Derzeit hat der Baukastenhersteller aus Waldachtal im Schwarzwald das 2021 vorgestellte „H2 Fuel Cell Car“ im Programm, sowie den Baukasten „STEM Renewable Energies“ für die Sekundarstufen 1 und 2, der ebenfalls eine Brennstoffzelle enthält. „Wir nutzen dabei reversible Brennstoffzellen, die in zwei Richtungen funktionieren“, erklärt Hartmut Knecht. So lässt sich im Elektrolyse-Modus Wasser in die Gase Wasser und Sauerstoff spalten, wenn eine Spannung angelegt wird. Anschließend wird der Prozess umgekehrt und die Brennstoffzelle erzeugt durch die sogenannte „kalte Verbrennung“ Strom aus den beiden Gasen.

MINT-Baukasten mit Lehrplanbezug

Der Baukasten für den Unterricht ist mit konkretem Lehrplanbezug für verschiedene Bundesländer entwickelt worden. „Wir bieten dazu didaktisches Material für Lehrer sowie entsprechende Aufgaben für Kinder und Jugendliche an“, sagt der Entwicklungsleiter. Fischertechnik arbeite kontinuierlich daran, weitere Anwendungen aus dem Bereich der regenerativen Energie umzusetzen.

Lernspielzeug aus der Industrie

Fischertechnik kommt aus dem Bereich der klassischen Konstruktions- und Experimentierspielzeuge. Anbieter Horizon Educational hingegen hat sich dem Lernspielzeug mit Brennstoffzellentechnik aus der anderen Richtung angenähert: Das Unternehmen ist vor zehn Jahren als Tochtergesellschaft des Brennstoffzellenherstellers Horizon Fuel Cell Technologies entstanden. Die Beschäftigung mit MINT-Lernspielzeugen im Unternehmen hat jedoch eine noch längere Tradition, der erste Experimentierkasten zum Thema Brennstoffzellentechnik kam bereits 2003 auf den Markt. Neben den Lernspielzeugen selbst steht der weltweite Wettbewerb H2GP im Fokus der Arbeit von Horizon Educational. Das über Schulprojekte getragene, weltweite Programm wird in Deutschland vom renommierten Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) begleitet. Kinder und Jugendliche können hier ihre Begeisterung für topaktuelle Antriebstechnologie spielerisch in zukunftsträchtige Kompetenzen überführen.

Wasserstoff hat große Zukunft

Während Industrie- und Logistikkonzerne sowie Netzbetreiber sich Gedanken machen über die künftige Erzeugung, den Transport und die Nutzung von „grünem Wasserstoff“ bekommt das Thema zunehmende Bedeutung im Bereich der Experimentier- und Lernspielzeuge. Denn nicht alle Kinder und Jugendlichen bekommen so tolle Möglichkeiten wie den Besuch der „Wasserstofftage“ an der Westfälischen Hochschule (WH), wo Schülerinnen und Schüler aus Gesamtschulen und Gymnasien in Gladbeck und Gelsenkirchen im Juli 2023 in den Laboren des Fachbereichs Elektrotechnik und Angewandte Naturwissenschaften zu Gast waren. Auch Branchen wie das Kraftfahrzeuggewerbe haben die Brennstoffzellentechnologie und ihre Vermittlung an Jugendliche im Fokus, beispielsweise über das Web-Portal „Handwerk macht Schule“.

Mehr Spiele-Neuheiten auf der Spielwarenmesse 2024

Mehr Neuheiten rund um Spiele, Bücher, Lernen und Experimentieren finden Sie auf der Spielwarenmesse in Nürnberg vom 30. Januar - 3. Februar 2024. Die teilnehmenden Hersteller können Sie bereits im Vorfeld kontaktieren über Spielwarenmesse Digital

Über den Autor:

Geschichten über Technik und Menschen erzählen: Das fasziniert den Journalisten, Autor, Kulturwissenschaftler und Dozenten seit mehr als 30 Jahren. Technisches Spielzeug steht dabei immer wieder im Fokus, vom Baukasten bis zu interaktiven digitalen Lernspielzeugen. Nach Studium und Arbeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität schreibt Peter Thomas für Tageszeitungen, Magazine und Unternehmenspublikationen im deutschen und englischen Sprachraum. Seine Schwerpunkte neben der Welt des Spiels sind Mobilitäts-, Sicherheits-, Energie- und Medizintechnik.

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