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 Reiner Knizia steht vor einem Austeller mit der Aufschrift ,,Mücken Drücken"

75. Jubiläum: Nürnberg und der Spieleautor

Reiner Knizia im Interview

Von Peter Neugebauer

Als ich mich mit dem Spieleautor Dr. Reiner Knizia zum Interview per Zoom verabredete, flashte auf die Minute pünktlich der Bildschirm auf. Reiner Knizia machte einen zufriedenen Anschein. Er signalisierte Offenheit und Neugierde. Der recht positive Ersteindruck klärte sich alsbald im Gespräch: Konnte er doch berichten, dass er kurz zuvor einen Kontrakt mit einem südostasiatischen Spieleverlag abgeschlossen hatte. Bei dieser Information schwenkte Knizia die Bildschirmkamera zur Wand und zeigte dort eine Weltkarte, gespickt mit über 40 Markierungen, in welchen Ländern er Spiele veröffentlicht hat. Die Philippinen kommen jetzt hinzu. Wie ist Reiner. Knizia zu dem geworden, was er heute für die Spielszene ist? Einer der bedeutendsten, wenn nicht gar der bedeutendste Autor analoger Spiele weltweit.

Sie sind seit 40 Jahren als Autor von Brett- und Kartenspielen im Geschäft. Wie fing alles an?
Reiner Knizia: Es begann bei einem Frisör in Illertissen, meinem Heimatort. Dort konnte ich in der Kindheit Spiele kaufen. Ein Spielwarengeschäft gab es nicht. Beim Haarschneiden wurde mein Interesse geweckt und schon damals wuchs das Bedürfnis, gespielte Spiele zu verändern. Meine ersten Veröffentlichungen erfolgten ab 1985, zunächst im Fachmagazin spielbox. Dort konnte ich über mehrere Ausgaben immer ein „Spiel zum Herausnehmen“ platzieren.

In diesen frühen Jahren besuchte ich schon die Nürnberger Spielwarenmesse. Dort lernte ich Bernd Brunnhofer kennen, den damaligen Verleger des Hans im Glück Verlages, seiner Zeit noch ein kleines Start-up-Unternehmen. Auf den Messegängen wurde gefachsimpelt aber mit Brunnhofer dann sehr konkret die Veröffentlichung meiner ersten Spielidee vereinbart. 1990 kam das Kartenspiel Goldrausch auf den Markt.
 

Reiner Knizia steht vor einem Austeller mit der Aufschrift ,,Mücken Drücken"
Reiner Knizia

Heute verlaufen Messegespräche anders. Sie sind seit einigen Jahren mit einem eigenen Counter in Nürnberg vertreten.
Reiner Knizia: Das ist ein wichtiger Schritt hin zur Professionalität. Ich bin der Messeleitung dankbar, einen dieser begehrten Stände bekommen zu haben und werde diesen in Zukunft ganz sicher weiter anmieten. Mein eigener Messepoint ermöglicht es mir, mit Partnern Gespräche zu führen. Vor allem kann ich im vertrauten Kreis hinter verschlossenen Türen exklusive Prototypen vorzeigen, anspielen und den Verlagen anbieten.
 

Aber Sie sitzen während der Messetage doch nicht nur in Ihrer Booth und warten auf Kundschaft.
Reiner Knizia: Nein, natürlich nicht. Es werden Termine vereinbart. Redakteure aus dem In- und Ausland zu mir. Ebenfalls nehme ich bei wichtigen Verlagspartnern an deren Ständen Termine wahr. Den Redaktionen präsentiere ich dort neue Spiele.
 

Hat die Messe noch einen anderen Stellenwert?
Reiner Knizia: Auf jeden Fall. Nürnberg ist der beste Ort, um Networking zu betreiben und glauben Sie mir, ich habe sehr viele Messen rund um den Globus besucht. An die Internationale Spielwarenmesse reicht kein anderes Messeangebot heran.
Es sind drei Aspekte, die für mich als Autor besonders wichtig sind: 
1) Zum einen gibt es die Möglichkeit mit Entscheidungsträgern und Geschäftsführern der Spieleverlage ins Gespräch zu kommen. So lerne ich, deren Philosophie besser zu verstehen und bringe in Erfahrung, wie die einzelnen Verlage ihre Programme ausrichten wollen. Darauf kann ich als Autor reagieren und zielgerichtet neue Spielentwicklungen anbieten. 
2) Zum anderen ist die Informationsbreite so groß wie nirgendwo. Nur hier in Nürnberg sehe ich, welche Spiele die Verlage veröffentlichen, was en vouge ist, wo sich neue Trends abzeichnen. Auch das hilft bei weiterer Spielentwicklung. 
3) Und als dritter Aspekt: Da es sich um eine Fachmesse handelt, ist es ruhig und es gibt keine Menschenmassen wie beispielsweise auf der Publikumsmesse SPIEL in Essen, die ja einem anderen Zweck dient.

Dr. Reiner Knizia

Jahrgang: 1957
Wohnort: München
Werdegang: Promovierter Mathematiker
Spieleautor: seit 1985
Spieleveröffentlichungen weltweit: über 800 Spiele 
Zur Webseite: www.knizia.de 

Können Sie beispielhaft verdeutlichen, was das Networking für konkrete Auswirkung haben kann?
Reiner Knizia: Mein Kontakt zum chinesischen Markt. Obwohl es auf der Hand liegt, muss man es manchmal gesagt bekommen. In China wurde seit vielen Jahren die Ein-Kind-Politik betrieben. Das hat Konsequenzen für Familienzusammensetzungen. Familien mit maximal einem Sohn oder einer Tochter verlangen ganz andere Spiel-Produkte, insbesondere, weil beide Elternteile in China meist arbeiten und das Kind viel Zeit, auch zum Spielen, mit den Großeltern verbringt.
Und um ein aktuelles Beispiel vom deutschen Markt zu berichten: Beim Austausch mit den Entscheidungsträgern lassen sich auch größere Projekte besprechen und beschließen. So hatte ich kurz nach der Pandemie dem Geschäftsführer von Schmidt Spiele, Axel Kaldenhoven, meine Idee für eine For One Reihe vorgestellt. Wir wurden uns schnell einig, und so konnte ich diese neue innovative Spielreihe gezielt entwickeln. Natürlich sind die verlagseigenen Dauerbrenner Kniffel und Mensch ärgere dich nicht die Aufhänger. Mittlerweile sind fünf Titel von mir in dieser Reihe erschienen.

Ausgezeichnete Knizia Games

- 1 x Spiel des Jahres: Keltis/Kosmos
- 1 x Kinderspiel des Jahres: Wer war’s/Ravensburger
- 4 x Deutscher Spielepreis: Modern Art/Hans im Glück, Euphrat & Tigris/Hans im Glück, Tadsch Mahal/Alea, Amun Re/Hans im Glück
- 1 x Deutscher Kinderspiel Preis: Wer war’s/Ravensburger
- Zahlreiche internationale Auszeichnungen

Blicken Sie doch einmal auf andere Verlage.
Reiner Knizia: Da will ich kein Ranking erstellen und Hersteller hervorheben. In einem Fall ist das aber anders. Bei den Ravensburgern habe ich über 100 Spiele veröffentlicht. Der Hersteller mit dem blauen Dreieck ist mein wichtigster Kooperationspartner. Ein Meeting beim Verlag in Nürnberg ist Pflicht.
 

Reiner Knizia steht vor einem Austeller mit der Aufschrift ,,Mücken Drücken"
Reiner Knizia

Sie haben bestimmt andere internationale Messeplätze wie die Gen Con in Indianapolis oder die Games Expo in Birmingham besucht.
Reiner Knizia: Die Gen Con ist die wichtige Messe in USA, mittlerweile bedeutender als die Toy Fair New York. Viele Verlage sind da anzutreffen. Wenn auch nicht in jedem Jahr, reise ich auch dort hin, um Kontakte zu pflegen und zu knüpfen. Die Games Expo in Birmingham hat für mich nicht den Stellenwert, wenn es mich auch gefreut hat, dass es dort zur Orientierung der Besucher eine Knizia-Avenue gibt.
 

Zum Abschluss bitte ich um einen Blick in die Glaskugel. Wo sieht Reiner Knizia die Nürnberger Messe und auch sich in zehn Jahren?
Reiner Knizia: Die Nürnberger Messe wird sich nicht radikal verändern. Sie wird für Verlage, Einkäufer und auch uns als Autoren die zentrale Leitmesse bleiben. Natürlich wird es strukturelle Veränderungen geben. Aber Weiterentwicklung hat Nürnberg immer auch in der Vergangenheit zu leisten vermocht. Die Anpassung an eine moderne Zeit ist notwendig und die Nürnberger haben stets die Zeichen für behutsamen Fortschritt erkannt.
Bei mir als Spieleautor wird sich nicht viel ändern. Es wird so bleiben, wie es heute ist. Die Herausforderung ist, relevant zu bleiben. Dazu trägt die jährliche Anwesenheit auf der Internationalen Nürnberger Spielwarenmesse bei.

Wir bedanken uns für Zeit und Gespräch und wünschen weiterhin viel Erfolg.

Spieleerfindermesse

Die Internationale Spieleerfindermesse ist eine exklusive Veranstaltung zum Einstieg für ambitionierte Spieleautoren und routinierte Spieleverlag-Teams während der Spielwarenmesse.

Messefreitag: 30. Jan. 2026
Veranstaltungsort: Messezentrum Nürnberg, NCC Mitte, 1. OG
Anmeldung für Spieleautoren: bis 7. Dez. 2025 unter internationale Spieleerfindermesse

Über den Autor
Peter Neugebauer ist ein „Spielkind“ durch und durch. In früher Kindheit wurde er durch seine Eltern ans Brettspiel herangeführt. Spiele als Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenk waren obligatorisch und stets gern gesehen. Er hörte auch während des Studiums oder während seiner Berufsjahre nicht auf zu spielen. Schon früh rezensierte er Neuheiten, zunächst in reinen Fachzeitschriften, dann auch in Tageszeitungen und seit fast 40 Jahren in Branchenmagazinen. Ohne Spielen geht’s bei ihm nicht.
 

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