
75. Jubiläum: Spirit of Play trifft auf Spirit to Grow
Interview mit Peter Ottmann, CEO NürnbergMesse Group
Von Sibylle Dorndorf
Die Messe – die Stadt – die Menschen. In diesem Kontext schreiben die NürnbergMesse und die Spielwarenmesse seit Jahrzehnten Seite an Seite beeindruckende Erfolgsgeschichten.
Jede für sich und doch eng verbunden.
Dr. Hartwig Hauck, der Gründungsgeschäftsführer der NürnbergMesse, betrachtete seinerzeit die Wahlverwandtschaft der beiden Messegesellschaften in einem vielzitierten Satz als eine zukunftsgerichtete Verbindung: „Die Geschichte des Nürnberger Messewesens beginnt mit der Spielwarenmesse.“
Nachgefragt
Peter Ottmann, Sie sind seit 1994 bei der NürnbergMesse und seit 2011 CEO der Messegesellschaft. Sie konnten und können das gemeinsame Wachstum der NürnbergMesse und Spielwarenmesse miterleben und mitgestalten. Gab es Momente, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind?

Peter Ottmann: Ja, unglaublich viele. Die Prägendsten gab es in meiner Anfangszeit. Ich kam als junger Pressereferent das erste Mal auf die Spielwarenmesse und war sofort geflasht. Mich traf ein Information-Overload sondergleichen. Die Atmosphäre, die hohe Internationalität, inspirierende Begegnungen – und eine unglaubliche Fülle an Produkten. Das ist übrigens heute noch so, wenn ich über die Spielwarenmesse laufe. Es ist jedes Mal einzigartig.
Gibt es ein Ereignis, das Sie nie vergessen werden?
Peter Ottmann: Ja. Eine Begebenheit werde ich in der Tat nie vergessen: Das war im Jahr 1997, als der Westflügel, das NCC West mit Halle 12, eröffnet wurde und damit das neue Feststandskonzept der Spielwarenmesse in Halle 12.2.
Der damalige bayerische Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber war zur Eröffnung geladen und wurde von einer Journalistin gefragt, wie er denn diese Expansion einordnen würde. Seine Antwort lautete sinngemäß: „Das wird Nürnberg als nationalen Messeplatz weiter nach vorne bringen.“ Der Äußerung folgte allgemeines Geraune und Getuschel. Stoiber tauschte sich kurz mit seinen Mitarbeitern aus und bat dann um eine Wiederholung. Die Frage wurde noch einmal gestellt und Stoibers Antwort lautete: „Das wird den Messestandort Nürnberg und die Spielwarenmesse als internationale Leitmesse weiter nach vorne bringen.“ Das ist echte Größe, das werde ich nie vergessen.
Sie haben lange Jahre als Pressesprecher der NürnbergMesse auf beiden Seiten die Messechefs mit Langmut und Souveränität begleitet. Was war Ihr Patentrezept, wenn es ab und zu menschelte?
Peter Ottmann: Einatmen – ausatmen – lächeln.
2024 feierte die NürnbergMesse ihr 50-jähriges Bestehen. 2026 ist die Spielwarenmesse die Jubilarin. Was verbinden Sie persönlich mit Jubiläen? Was bedeuten sie in Lebens- und Unternehmensgeschichten?
Peter Ottmann: Wenn ich an unser 50-jähriges Jubiläum denke, muss ich sagen: Ich habe völlig unterschätzt, was so ein Jubiläum mit sich bringt. Ich ziehe heute noch den Hut vor dem Team Unternehmenskommunikation und -marketing der NürnbergMesse, die das in jeglicher Hinsicht beeindruckend in Szene gesetzt haben.
Für mich persönlich war es ein Moment, innezuhalten, eine Zeit der Selbstvergewisserung. Man sieht die Zahl und stellt sich die Frage: Woher kommen wir, wo wollen wir hin? Aus diesen Überlegungen heraus kristallisierte sich der Satz: ‚The Spirit to Grow‘, unser Jubiläumsmotto. Und dieser Satz begleitet uns mit einer kleinen Ergänzung auch in die Zukunft: The Spirit to Grow Beyond’.
Ich verbinde ein Jubiläum mit dem Gefühl der Dankbarkeit. Es braucht so viel, um über Jahre zu bestehen, zu wachsen, erfolgreich zu sein. Allen voran sind es die Mitarbeitenden, die Aussteller, die Besucher, die Partner, die Kunden – und es ist die Messestadt Nürnberg, unser Standort. An dieser Stelle ein großes Danke.
Heute ist die NürnbergMesse die fünftgrößte Messegesellschaft in Deutschland und zählt zu den fünfzehn größten der Welt. Die NürnbergMesse Group organisierte im vergangenen Jahr 154 Veranstaltungen weltweit und erzielte einen Rekord-Umsatz von rund 368 Millionen Euro. Wie schreibt man eine solche Erfolgsgeschichte?
Peter Ottmann: Nur gemeinsam. Es sind immer die Menschen, die zählen und die den Unterschied machen. Für uns als NürnbergMesse sind es auch die Stadt Nürnberg und der Freistaat Bayern, die sich immer zu uns bekannt haben – gerade auch in der schwierigen Pandemiezeit. Mit diesem klaren Bekenntnis im Rücken können wir uns mit Messeplätzen wie beispielsweise Paris, Shanghai, Las Vegas oder Tokio durchaus messen. Im Vergleich mit diesen Metropolen gehört Nürnberg für unsere Kunden im Übrigen zu den charmantesten Messeplätzen.
Die wachsende Spielwarenmesse war mit ein treibender Faktor bei der Entscheidung zur Entwicklung eines neuen Messezentrums in Nürnberg. Die erste Veranstaltung im neuen Messezentrum war dann auch 1973 die Spielwarenmesse. Die Stadt Nürnberg wurde zur Toy City. Erleben Sie die Stadt anders, wenn Spielwarenmesse ist?

Peter Ottmann: Absolut! Die Stadt summt, sie ist bunt, gerade im grauen Februar. Es ist Leben auf den Straßen und in der Fußgängerzone. Die ganze Stadt feiert die Spielwarenmesse mit. Man begegnet in der U-Bahn und der City Menschen aus aller Herren Länder. Es gibt tolle Veranstaltungen. Die Nürnberger sind stolz auf ihre Spielwarenmesse. Das ist einmalig.
In welchen Bereichen hat sich Ihrer Wahrnehmung nach die Spielwarenmesse am deutlichsten verändert?
Peter Ottmann: Die Spielwarenmesse selbst ist immer noch leicht, unbeschwert, voller Spirit. Sie besitzt, so scheint es, die ewige Jugend. Und ich weiß sehr wohl: So leicht es nach außen aussieht, so schwer ist es, das zu bewahren.
Wenn ich überlege, wie viele große Konsumgütermessen in Deutschland und Europa mit den Jahren verschwunden sind, dann ziehe ich den Hut. Die Spielwarenmesse setzt Zeichen, Maßstäbe und Trends – auch über Branchengrenzen hinweg. Als gäbe es eine Art Feenstaub, der sie nicht altern lässt. Aber natürlich ist es harte Arbeit und es sind die Menschen, die Mitarbeitenden, die Kollegen auf der Vorstandsebene, die diese Messe jedes Jahr so quicklebendig, so facettenreich und überraschend sein lassen.
Zu Ihren Gepflogenheiten gehört ein obligatorischer Rundgang über die Spielwarenmesse. Wo zieht es Sie besonders hin?

Peter Ottmann: Mich zieht es nicht zu bestimmten Produkten, es zieht mich zu den Menschen.
Zu den Aufsichtsräten Axel Kaldenhoven, Beate Becker, Britta Sieper, Uwe Weiler, Rainer Noch, Paul Heinz Bruder und Frank Schneider und und und. Ich freue mich jedes Jahr auf diese Begegnungen und Gespräche. Ich möchte dann wissen, ob alle zufrieden sind oder ob wir als ‚Hausherr’ irgendwo nachbessern müssen. Wir begreifen uns als Dienstleister und diese Rolle wollen wir auch ausfüllen.
Zur Eröffnung der 70. Spielwarenmesse 2019 wurde die langjährige Partnerschaft mit der NürnbergMesse verlängert. Mit welchen Worten schreiben Sie diese besondere Beziehung der beiden Messegesellschaften weiter?
Peter Ottmann: Gerne genau so weiter.
Würden Sie abschließend bitte folgenden Satz ergänzen: Der Spielwarenmesse wünsche ich zum 75. Jubiläum …
Peter Ottmann: Ewige Jugend und Leichtigkeit.
Die NürnbergMesse Group wird am 5. April 1974 als Nürnberger Messe- und Ausstellungsgesellschaft mbH (NMA) ins Handelsregister eingetragen. Ein Jahr, nachdem das neue Messezentrum in Nürnberg-Langwasser mit der Spielwarenmesse eröffnet wurde.
Die NürnbergMesse Group zählt heute zu den 15 größten Messegesellschaften der Welt und beschäftigt mehr als 1.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an 15 internationalen Standorten.
In über 100 weiteren Ländern verfügt die NürnbergMesse Group über ein Netzwerk von Auslandsvertretungen. Den 50-millionsten Besucher begrüßte die NürnbergMesse Group im 50. Jahr ihres Bestehens während der Laufzeit der Spielwarenmesse 2024.
Über die Autorin
Sibylle Dorndorf schreibt seit fast 30 Jahren über die Spielwarenbranche, zuletzt war die Journalistin Chefredakteurin der TOYS-Magazinfamilie im Göller Verlag, Baden-Baden. Ihre Passion: Unternehmen, die sich neu erfinden, Marken, die sich glaubwürdig positionieren, Menschen, die etwas zu sagen haben und Produkte mit Zukunft.


