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75. Jubiläum: Glückwünsche von Axel Kaldenhoven

Interview mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Spielwarenmesse eG

Einer der prägenden Köpfe der Spielwarenbranche: Axel Kaldenhoven

Axel Kaldenhoven weiß, wie es ist, wenn man kurz vor dem Ziel steht und rausgeworfen wird. Nicht, dass ihm das selbst passiert wäre – nein, ganz im Gegenteil: Er hat als Geschäftsführer die Schmidt Spiele GmbH, was Positionierung, Portfolio und Marken angeht, kontinuierlich weiterentwickelt. Die Zahlen stimmen, die Bilanzen verzeichnen stets steigende Tendenzen. 
Aber Axel Kaldenhoven ist Mister Mensch ärgere Dich nicht. Der spektakuläre Rauswurf kurz vor dem Ziel gehört zum Spielprinzip
Das Kultspiel mit dem liebevollen Kürzel Mädn feiert 2025 sein 111-jähriges – und ist noch immer der Deutschen liebstes Kind. Nicht zuletzt dank Kaldenhovens gekonnter Markenführung. 80 Prozent Glück, 20 Prozent Können lautet die Formel des Spiels. Bei Axel Kaldenhoven ist es umgekehrt. Er gehört zu den Branchenpersönlichkeiten, die gestalten und nicht verwalten – und das mit Nonchalance, einem guten Humor und einer Menge Verständnis für Märkte und Marken.
 

Herr Kaldenhoven, Sie gelten als Meister der perfekten Markenpflege. Welche Markenbotschaft hat für Sie das rote Schaukelpferd?

Axel Kaldenhoven: Das rote Schaukelpferd vor dem Frauentorturm – diese Kombination ist einmalig, das Bild prägt sich ein. Der Frauentorturm ist ein Teil der historischen Stadtmauer, und empfängt alle Gäste, die aus dem Bahnhof treten. Das Schaukelpferd wiederum steht für unbeschwerte Kindheitserinnerungen, für Tradition, Sicherheit – und in der angedeuteten Schaukelbewegung auch für Dynamik. 
Das Logo ist zeitlos, weil es so klar und ohne Schnörkel daherkommt. Es wurde ja bereits für die zweite Veranstaltung vom Grafiker Viktor Kaltenbach erstellt und hat immer noch dieselbe Strahlkraft wie die Spielwarenmesse selbst. Und eine ganz prägnante Aussage: Das spielerische Element vor dem weithin sichtbaren Stadtturm, das ist für mich ein Synonym für die besondere Beziehung der Stadt Nürnberg zur Spielwarenmesse und umgekehrt. Beide sind untrennbar verbunden. 
Ich habe immer wieder überlegt, warum das Schaukelpferd gerade in dieser Laufrichtung unterwegs ist – man könnte meinen, andersherum sei es gängiger. Aber als ich das einmal ausprobiert habe, passte es einfach nicht. Es muss genauso sein, wie es ist. Dieses Markenzeichen hat eine ganz starke emotionale Botschaft. 

Die Unternehmensstruktur der Spielwarenmesse

Am 11. Juli 1950 schlossen sich 46 Spielwarenhersteller mit den Prinzipien der Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung zusammen. Sie gründeten eine Genossenschaft für die Organisation der deutschen Fachmesse für Spielwaren. Heute führen rund 150 Mitglieder das Unternehmen, das eine Wertegemeinschaft aus Zusammenhalt, Partnerschaftlichkeit, Vertrauen, Fairness und Verantwortung ist. 

Mit dieser Rechtsform ist die Spielwarenmesse eG einzigartig unter den Messegesellschaften. 
Im November 2016 wurde die Genossenschaftsidee in die Repräsentative Liste des Immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen.

Sie führen seit 28 Jahren die Geschäfte der Schmidt Spiele GmbH und besuchen mindestens ebenso lang die Spielwarenmesse. Welche Spielwarenmesse-Momente sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben? 

Spielwarenmesse-Momente: Emotionales Wiedersehen 2023

Axel Kaldenhoven: Wo soll ich da beginnen? Jede Spielwarenmesse hat etwas Besonderes. Es gibt so viele Highlights allein bei der Press Preview, früher Neuheitenschau. Da waren Promis unterwegs, es war ein unglaublicher Medienrummel. Es fällt mir wirklich schwer, hier eine einzelne Begebenheit herauszupicken. 
Das, was ich nie vergessen werde, ist eine Zäsur der besonderen Art. Die erste Spielwarenmesse nach der Coronapause. Es mussten ja pandemiebedingt zwei Veranstaltungen abgesagt werden. Das Messeteam hat seinerzeit mit dem Format Spielwarenmesse Digital zwar eine Möglichkeit geschaffen, in Kontakt zu treten, Neuheiten zu zeigen und Termine abzuarbeiten. Aber wir merkten schnell, dass uns etwas ganz Entscheidendes fehlt. Die persönliche Begegnung. Als wir 2023 wieder eine Spielwarenmesse in Präsenz durchführen konnten, war so eine unglaubliche Stimmung in den Hallen, das hat uns emotional gepackt. Ein Wiedersehen nach drei Jahren. Wir, und damit meine ich die ganze Branchenfamilie, haben alle gespürt, wie sehr uns der Austausch gefehlt hat. Es war eine Aufbruchstimmung sondergleichen. Sie müssen sich vorstellen, die Spielwarenmesse ist eine Fachmesse, aber 2023 fielen sich gestandene Manager auf den Gängen in die Arme. Das werde ich nie vergessen. Man hat ganz intensiv den Spirit gespürt, den diese Messe hat. 
 

2024 haben Sie mit einer Aufsehenerregenden Aktion Schlagzeilen gemacht. Sie schickten je ein Mensch ärgere Dich nicht-Spiel an die damalige Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger und an alle 16 Kultusminister. Was war der Auslöser für diese Aktion? 

Rauswerfen mit Spaß: Mensch ärgere Dich nicht

Axel Kaldenhoven: Der Auslöser für meine Aktion war seinerzeit der aktuelle Bildungsbericht des Leibniz-Instituts. Der war alarmierend. Das Ergebnis: Viele Kinder und Jugendliche erreichen nicht die Mindeststandards in Deutsch, Lesen und Mathematik. Hamburgs Ex-Schulsenator Ties Rabe empfahl den Eltern, mehr mit ihren Kindern zu spielen. Ich zitiere: „Es wird zum Beispiel kaum noch ‚Mensch ärgere Dich nicht‘ gespielt, dabei lernen Kinder beim Würfeln spielerisch zählen“, so Rabe seinerzeit in einem Bild-Bericht. Das brachte mich auf die Idee. Ich wollte auf politischer Ebene aufrütteln und klar machen, dass spielen immer lernen ist. Wir sind kein Lernspielverlag, aber auch in der Beschäftigung mit unserem Klassiker Mensch ärgere Dich nicht lernen Kinder.
Sie zählen, sie müssen sich konzentrieren, um ihre Gegner auszuknocken, sie üben soziale Interaktion. Sie gewinnen und verlieren. Das gehört dazu im Leben. Das impliziert der Spieletitel Mensch ärgere Dich nicht. Wir sollten viel mehr spielen, dann wäre unser soziales Miteinander besser. 
 

Sie engagieren sich nicht nur im bildungspolitischen und gesellschaftlichen Kontext, sondern sitzen auch seit 2005 im Aufsichtsrat der Spielwarenmesse eG, seit 2018 sind Sie Vorsitzender des Aufsichtsrats. Was sind Ihre Aufgaben in diesem Gremium? 

Axel Kaldenhoven: Der Aufsichtsrat an sich ist ein Kontrollgremium der Genossenschaft. Er hat die Aufgabe, den Vorstand zu beraten, aber er kontrolliert auch, ob der Vorstand das Unternehmen ordnungsgemäß führt. Dazu prüft der Aufsichtsrat Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit. Und ganz wichtig: Der Aufsichtsrat kümmert sich auch um die langfristige Profitabilität des Unternehmens. 
Der Aufsichtsratsvorsitzende leitet über das genannte Aufgabenfeld hinaus auch Sitzungen und beruft diese ein. Es ist eine verantwortungsvolle, aber auch eine spannende und erfüllende Aufgabe. Denn ich bin in dieser Funktion auch Sparringspartner der Vorstände. Wir haben ein gemeinsames Ziel. Wir wollen die Genossenschaft nach vorn bringen. Wir entwickeln das Geschäftsmodell der Spielwarenmesse gemeinsam weiter, indem wir Investitionen und Zukäufe diskutieren und gemeinsam verabschieden. Die Gründung der Auslandstöchter der Spielwarenmesse, die Übernahme der SPIEL, der BRANDmania. Das ist eine sehr schöne Aufgabe, die mir sehr am Herzen liegt.   
 

Die Spielwarenmesse ist eine Genossenschaft. Diese Gesellschaftsform wurde einst als vorgestrig bezeichnet und sollte einer AG weichen. Heute sind Genossenschaften wieder schwer im Kommen. Was ist das Gute an dieser Rechtsform? 

Axel Kaldenhoven: Das ist die Tatsache, dass bei der Genossenschaft die Menschen im Vordergrund stehen. Die Spielwarenmesse wird für die Mitglieder der Genossenschaft gemacht. Das war so und das wird immer so sein. Egal, ob ein Unternehmen global Player, familiengeführt oder kleine Manufaktur ist – jedes Mitglied hat in der Genossenschaft eine Stimme. Bei einer Aktiengesellschaft stehen die Aktionäre im Vordergrund. Die AG arbeitet rein kapitalorientiert. Es bestimmt der, der die meisten Aktien hat. In meinem Verständnis erlebt das Genossenschaftsmodell gerade eine Renaissance. Mit seiner Ausrichtung auf Nachhaltigkeit, demokratische Mitbestimmung und regionale Verankerung erweisen sich Genossenschaften als zeitgemäße Antwort auf aktuelle politische und gesellschaftliche Herausforderungen. 

Die Aufsichtsräte der Spielwarenmesse eG

Die Mitglieder der Spielwarenmesse eG wählen in der Generalversammlung den Aufsichtsrat. Die neun Aufsichtsräte kontrollieren den Vorstand und genehmigen wichtige unternehmensrelevante Entscheidungen. 

• Axel Kaldenhoven, Vorsitzender des Aufsichtsrats und Geschäftsführer Schmidt Spiele GmbH
• Beate Becker, Geschäftsführerin Heless GmbH
• Paul Heinz Bruder, Geschäftsführer Bruder Spielwaren GmbH + Co. KG
• Dr. Rainer Noch, Geschäftsführer Noch GmbH & Co. KG
• Frank Schneider, Geschäftsführender Gesellschafter rolly toys Franz Schneider GmbH & Co. KG 
• Britta Sieper, Geschäftsführerin Puky GmbH & Co. KG
• Volker Sieper, Vorsitzender des Aufsichtsrats von 2002 bis 2012, Ehrenaufsichtsratsmitglied
• Carola Söhn, Geschäftsführerin Simm Spielwaren GmbH
• Uwe Weiler, Geschäftsführer Simba Dickie Group GmbH

Gibt es ein Beispiel für ein vorausschauendes, demokratisches Agieren der Spielwarenmesse-Genossenschaft?

Axel Kaldenhoven: Ja, das gibt es. Vor ein paar Jahren wurde immer wieder diskutiert, ob an die Genossen Kapital ausgeschüttet werden sollte. Und immer hat die Mehrheit sich dagegen entschieden, was sich als sehr vorausschauend erwies. Denn es kam Corona. Zwei Jahre keine Einnahmen. Gehälter, Mieten, alles musste weiterbezahlt werden. Bei einer Kapitalausschüttung wären die Töpfe leer gewesen – und die Spielwarenmesse zahlungsunfähig.
 

Gibt es eine Begebenheit in Ihrer Spielwarenmesse-Vergangenheit, die Sie immer wieder schmunzeln lässt?

Abgefahrenes Zockerspiel charmant präsentiert: Desiree Nick

Axel Kaldenhoven: Es gibt auf jeder Spielwarenmesse Begebenheiten, die man augenzwinkernd unter Pleiten, Pech und Pannen abhakt und über die man sich Jahre danach im stillen Kämmerlein noch köstlich amüsiert. Aber ein Ereignis wird mir – obwohl ich es nicht selbst miterlebt habe – unvergesslich bleiben. Als wir im Jahr 2017 das Spiel Kakerlaken Duell auf der Press Preview präsentierten, hatten wir die Schauspielerin Desiree Nick engagiert. Sie sollte das Spiel als Kakerlake verkleidet den anwesenden Medien vorstellen. Wer könnte das besser als Desiree Nick? In der Tat: Die Entertainerin ist schier über sich hinausgewachsen. Und zwar schon im Flieger, der wegen Glatteis nicht landen konnte. Desiree Nick hat den Piloten in ihrer unnachahmlichen Art und wenig dezent darauf hingewiesen, dass er, egal wie, unverzüglich zu landen habe, denn sie hätte auf der Spielwarenmesse eine wichtige Aufgabe zu erledigen. Ich weiß das deshalb so genau, weil Hans Jörg Iden, ein guter Freund von mir, im gleichen Flieger saß wie Frau Nick und mir alles brühwarm erzählte. Ich sehe heute noch vor meinem geistigen Auge, wie Frau Nick dem Piloten erklärt, dass er, Glatteis hin oder her, den Vogel gefälligst aufsetzen solle. Köstlich! 
 

Bald ist es wieder so weit: Stellen Sie sich vor, es ist 9 Uhr, erster Messetag: Was tun Sie als erstes? 

Aufsteiger der Branche: Schmidt Spiele

Axel Kaldenhoven: Ich begrüße den ersten Kunden beziehungsweise Lieferanten und das geht dann im Halbstundentakt den ganzen Tag so weiter. Ich arbeite Termine ab. Das klingt jetzt ganz schrecklich und profan, ist es aber nicht. Ich liebe das. Ich sehe meine Geschäftspartner zweimal im Jahr, da will ich gut vorbereitet sein und trotz des engen Zeitfensters jedem meine Wertschätzung zeigen. Mir ist es am liebsten, wenn der Tag durchgetaktet ist. Nichts ist schlimmer auf einer Messe als am Stand herumzusitzen und auf Kunden zu warten. Möge mir das nie passieren. Wobei: Eines Tages hat mich Corona erwischt, ich musste also von zuhause aus arbeiten. Da ich keine Symptome hatte, konnte ich meine Termine virtuell wahrnehmen. Ich saß also in meinem Arbeitszimmer vor dem Rechner und arbeitete meinen Tagesplan ab. Am Abend sagte meine Frau zu mir: „Du redest den ganzen Tag. Das ist ja nicht auszuhalten.“ 
 

Und wie beschließen Sie am liebsten Ihre Messetage? 

Axel Kaldenhoven: Messe ist Kommunikation. Ich gehe auf Veranstaltungen, beispielsweise die RedNight oder die ToyNight, aber ich bin auch sehr gern mit meinem Team unterwegs, um den Tag gemeinsam Revue passieren und ausklingen zu lassen. Ich möchte den Abend mit den Menschen verbringen, die den Erfolg mittragen. Viele Bekannte getroffen zu haben, gute Gespräche geführt zu haben, dieses Gemeinschaftsgefühl zu spüren, das gehört für mich zu einem erfolgreichen Messetag.
 

Was wünschen Sie der Spielwarenmesse zum 75. Jubiläum? 

Axel Kaldenhoven: Ich wünsche der Spielwarenmesse den Erfolg, den sie verdient. Ich würde mich sehr freuen, wenn alle unsere Ziele und Wünsche in Erfüllung gingen – und da beziehe ich auch die Aussteller der Spielwarenmesse mit ein. Aber vor allem wünsche ich uns allen, dass wir gesund und in Frieden leben und arbeiten dürfen. Dass uns jeden Tag bewusst ist, wie dankbar wir dafür sein können. Aber auch, dass wir erkennen, dass das nicht selbstverständlich ist. 

Spielwarenmesse 2026

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Über die Autorin

Sibylle Dorndorf schreibt seit fast 30 Jahren über die Spielwarenbranche, zuletzt war die Journalistin Chefredakteurin der TOYS-Magazinfamilie im Göller Verlag, Baden-Baden. Ihre Passion: Unternehmen, die sich neu erfinden, Marken, die sich glaubwürdig positionieren, Menschen, die etwas zu sagen haben und Produkte mit Zukunft.

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