Allianz Trade Studie: Insolvenzen steigen durch US-Zölle
Die Weltwirtschaft schwächelt: Das globale Wachstum des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) dürfte sich 2025 um 0,6 Prozentpunkte auf nur noch 2,3 Prozent verlangsamen, dem niedrigsten Stand seit der Pandemie. Zudem trüben die hohen Unsicherheiten die weiteren Aussichten. Hauptgrund ist die eskalierende Zollspirale und das damit verbundene Rezessionsrisiko in den USA. Zu diesem Schluss kommt der aktuelle "Economic Outlook" des weltweit führenden Kreditversicherers Allianz Trade. Der Welthandel schrumpft im Zuge des Handelskriegs der USA gegen den Rest der Welt zusammen: Beim Volumen der weltweit gehandelten Waren und Dienstleistungen bleibt aktuell noch ein mageres Plus von 1,3 Prozent (2024: 2,9 Prozent). Beim Warenhandel (Volumen, ohne Dienstleistungen) rutscht der Welthandel mit -0,5 Prozent sogar ins Minus. 2024 waren es noch satte 2,1 Prozent Wachstum bei den gehandelten Waren, vor allem getrieben durch einen starken Jahresendspurt mit besonders vielen Lieferungen in den USA - noch vor einem schon damals befürchteten Handelskrieg.
In den USA steigen Insolvenzen stärker als erwartet
"Bei einem Handelskrieg gibt es keine Gewinner", sagt Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz. "Die Exportverluste könnten sich auf bis zu 480 Milliarden Euro belaufen. Die Weltwirtschaft ächzt unter den Zusatzkosten – auch wenn die US-Regierung mit einer erneuten Volte den europäischen Unternehmen zumindest 90 Tage Aufschub gewährt hat. Allerdings ist gerade die anhaltende Unsicherheit Gift für Unternehmen. Handelsströme dürften sich verschieben und globale Insolvenzen in der Folge noch stärker zunehmen, allen voran in den USA."
Weltweit dürften die Insolvenzen im Jahr 2025 um rund 7 Prozent gegenüber 2024 ansteigen (bisherige Prognose im März 2025: 6 Prozent), angeführt von den USA mit einer nun erwarteten Zunahme von +16 Prozent statt bisher 11 Prozent. Auch Westeuropa wäre mit mehr Pleiten konfrontiert: Allianz Trade rechnet aktuell für 2025 mit 5 Prozent mehr Insolvenzen statt bisher 3 Prozent.
Situation in Deutschland
"In Deutschland ist der zusätzliche Anstieg der Insolvenzen durch die US-Zölle etwas geringer als in anderen europäischen Ländern", sagt Bogaerts. "Das Finanzpaket für Infrastruktur und Verteidigung fängt einen Teil der Negativfolgen aus den US-Zöllen auf. Wir rechnen für Deutschland aktuell mit einem Zuwachs der Insolvenzen im Jahr 2025 im Vergleich zu 2024 um etwa 11 Prozent das ist ein Prozentpunkt mehr als in der bisherigen Prognose."
US-Wirtschaft rutscht in Rezession
"Das Stagflationssrisiko in den USA steigt zunehmend", sagt Ana Boata, Head of Economic Research bei Allianz Trade. "In den ersten neun Monaten dürfte die US-Wirtschaft in eine leichte Rezession rutschen (Q1-Q3: kumuliert -0,5 Prozent) und sich auch danach nur leicht erholen (Gesamtjahr 2025: +0,8 Prozent, Gesamtjahr 2026: 2,2 Prozent). Gründe für die leichte Erholung zum Jahresende sind Steuererleichterungen in Höhe von mindestens 300 Milliarden USD sowie erwartete bilaterale Deals, die die globalen US-Import-Zölle auf etwa 10 Prozent sinken lassen. Große Sprünge sind angesichts von verschärften Einwanderungskontrollen, Ausgabenkürzungen und Entlassungen von Bundesangestellten sowie der aktuellen Zollspirale allerdings nicht zu erwarten. Der effektive Zollsatz vor Trumps zweiter Amtszeit lag bei 2,5 Prozent, aktuell ist er mit über 25 Prozent fast zehn Mal so hoch. Das dürfte für die dortige Wirtschaft und die Inflation zum Bumerang werden. Die Inflation dürfte im Sommer den Spitzenwert von 4,5 Prozent erreichen und weitere Zinssenkungen in den Herbst verschieben."
Wie geht es weiter?
"Die große Frage ist jetzt: Wie geht es weiter", sagt Boata. "Mit den drastischen Zollerhöhungen befinden wir uns – zumindest vorübergehend – in einem vollumfänglichen Handelskrieg. Wir gehen allerdings derzeit davon aus, dass viele Länder am Verhandlungstisch in bilateralen Abkommen, Zugeständnisse an die USA machen werden. In Zuge dessen könnte der globale US-Zollsatz von aktuell 25,5 Prozent auf rund 10,2 Prozent bis zum Jahresende sinken. Das wäre immer noch vier Mal so hoch als vor Trumps Amtsantritt."
Das "Worst Case Szenario", bei dem die US-Regierung das aktuelle Zollniveau bis Ende 2026 beibehält, würde zu noch stärkeren wirtschaftlichen Einbußen führen, insbesondere in den USA selbst, sowie zu einer anhaltend hohe US-Inflation mit entsprechenden Folgen für die Fiskalpolitik.