Berlin im Labubu-Fieber
Am vergangenen Freitagmorgen verwandelt sich das Alexa in Berlin-Mitte in einen Wallfahrtsort der Konsumkultur. Pop Mart, ein chinesischer Spielzeughersteller, feiert die Eröffnung seines ersten Stores in Deutschland – und Berlin, bekannt für seine Mischung aus Subkultur, Pop und Kommerz, bekommt ein neues Pilgerziel.
„Wir eröffnen nicht nur einen Store, sondern ein Tor zur Fantasie“, sagt Steffen Liese, Europachef bei Pop Mart. Neben ihm sitzt Center-Manager Oliver Hanna, sichtlich stolz. „So etwas hatten wir noch nie. Pop Mart passt zu uns, wir sind trendy.“ Ein Gefühl, dass die rund 1000 wartenden Menschen vor dem Alexa teilen.
Die Hauptattraktion: der Labubu, eine grellbunte Puppe mit schrulligem Grinsen. Der Preis für eine der beliebten Sammelfiguren liegt im Laden bei 19,20 Euro. Im Internet, wo man sie natürlich auch kaufen kann, werden sie weitaus höher gehandelt. Exklusiv sei das Sortiment im neuen Laden zwar nicht, dafür aber authentisch, betont Liese. „Hier weiß man, dass man ein echtes Labubu bekommt – kein Lafufu.“
Die Warteschlange zieht sich ums Alexa
Die Schlange vor dem Seiteneingang an der Alexanderstraße reichte an diesem Tag einmal ums Gebäude herum. Die ersten Wartenden stehen seit 13 Uhr am Vortag. Die Nacht haben sie auf Campingstühlen verbracht. Alles für einen oder mehrere Labubu.
Die Labubu-Figuren gehen auf den Hongkonger Künstler Lung Kasing zurück, der die Kreaturen 2015 für seine Kinderbuchreihe „The Monsters“ erfand. Inspiriert wurde er dabei von Elementen der nordischen Folklore. Der eigentliche Popularitätsschub kam jedoch nicht durch klassische Werbung, sondern durch soziale Medien. Auf Plattformen wie TikTok und Instagram verbreiteten sich die Figuren viral.
Pop Mart steht in China bereits in der Kritik
Beim Kauf eines Labubu weiß man nicht, welche Figur in der Verpackung steckt – das sogenannte Blindbox-Prinzip setzt auf Zufall und Sammelreiz. In China wurde Pop Mart, der Konzern hinter den Labubu-Figuren, bereits massiv kritisiert. Die staatliche Zeitung People’s Daily forderte strengere Regeln für sogenannte Blindboxen. Jugendliche würden zu irrationalem Konsum verleitet, hieß es. Die FAZ berichtete, dass daraufhin der Aktienkurs des Unternehmens um bis zu 13 Prozent einbrach – ein Milliardenverlust innerhalb weniger Tage.
Auch in Deutschland stießen das Geschäftsmodell und die Vermarktung auf Skepsis. Das Nachrichtenportal n-tv verglich das Prinzip der blickdichten Überraschungsboxen mit Glücksspiel. Kritik galt besonders der künstlichen Verknappung und der gezielt aufgeheizten Sammeldynamik, die vor allem junge Käuferinnen und Käufer emotional binde. Bereits 2023 wurde in China der Verkauf solcher Produkte an Kinder unter acht Jahren gesetzlich untersagt, zudem gilt eine Altersnachweispflicht mit elterlicher Zustimmung.
Während also in China bereits politische Maßnahmen greifen, zeigt sich in Berlin (noch) ein anderes Bild: Hier steht die nächste Käufergeneration schon Schlange.
Quelle: Berliner Zeitung