Bernward Thole ist tot. Dem Homo Ludens die letzte Ehre
Die Spielwarenbranche trauert. Bernward Thole, Ehrenvorsitzender der Jury Spiel des Jahres, ist am 18. Dezember im Alter von 87 Jahren in Marburg gestorben.
Mit seinem Tod endet ein Wirken, das die Entwicklung des Brett- und Gesellschaftsspiels in Deutschland wesentlich geprägt hat. Bernward Thole engagierte sich mit Wissen, Leidenschaft und Herzblut für die Anerkennung des Spiels als Kulturgut sowie für das Spielen in Familie und Gesellschaft.
Der Grundstein für Bernward Tholes Liebe zum Spiel wurde in seinem Elternhaus gelegt. Bernward Tholes Mutter war das Spielen mit den Kindern ein Anliegen, sie spielte mit ihnen klassische Brettspiele wie Dame, Halma, Mühle und Schach. Später zeigte sich die spielerische Passion dann in seiner Studienwahl. Thole belegte die Fächer Neuere Deutsche Literatur und Theaterwissenschaft, in denen er mit seiner Dissertation „Die Gesänge in den Stücken Bertolt Brechts: Zur Geschichte und Ästhetik des Liedes im Drama“ promovierte. Die Initialzündung geschah, als der wissenschaftliche Mitarbeiter Thole 1974 auf die neue Kolumne der ZEIT „Für Spieler“ stieß. Eugen Oker, der erste Spielerezensent, veröffentliche dort regelmäßig Berichte über neue Gesellschaftsspiele, die Thole aufmerksam verfolgte. Als dann plötzlich die Beiträge Eugen Okers ausblieben, schrieb Thole kurzerhand selbst eine Spielekritik über mehrere Spiele aus der Heyne-Taschenspiel-Reihe mit der Überschrift „Wenn Worte gewexelt werden“ und schickte die Rezension kurzerhand an die Redaktion. Am 19. Oktober 1974 wurde Bernward Tholes erste Spielekritik in der ZEIT abgedruckt.
Bernward Tholes erste Spiele-Rezension: http://www.zeit.de/1973/43/wenn-worte-gewexelt-werden
Ein Leben für das Spiel
Nun kam eines zum anderen: Die Spielwarenmesse bot Bernward Thole nicht nur ein nie dagewesenes „Spiele-Universum", sie ließ ihn auch Gleichgesinnte kennenlernen. Aus dieser Gemeinschaft der Spielefreunde entstand schließlich der Verein „Spiel des Jahres“, der bis heute Spielefans eine Orientierungshilfe im immer größer werdenden Angebot an Brett- und Gesellschaftsspielen bietet.
Dr. Synes Ernst für den Verein „Spiel des Jahres zum Tod Bernward Tholes: https://www.spiel-des-jahres.de/trauer-um-bernward-thole-ein-leben-fuer-das-spiel/
Voller Ideen für Begegnungen rund ums Spiel
Der Spielwarenmesse blieb Bernward Thole Zeit seines Lebens eng verbunden. Auf seine Initiative hin wurde das Spiele-Café auf der Spielwarenmesse ins Leben gerufen. Ein Treffpunkt für die Spielegemeinde und ein Ort für den wichtigen Austausch zwischen Verlagen und Autoren.
Das Deutsche Spielearchiv
Bernward Tholes Spieleleidenschaft brachte es mit sich, dass immer mehr Spiele ins Thole´sche Haus gelangten – schließlich musste er sie als Rezensent spielen und bewerten. Um diese ständig wachsende Spielesammlung nicht unbenutzt in seinen Keller zu verbannen, kam Thole auf die Idee, ein Spielearchiv aufzubauen, in dem die jüngere Geschichte des Brettspiels dokumentiert und laufend fortgeführt wird. Damit legte er den Grundstein für eine weltweit einzigartige Sammlung, die bei den Museen der Stadt Nürnberg im Haus des Spiels ihre Heimat gefunden hat. In insgesamt sieben Lastwägen samt Anhänger trat die Spielesammlung ihre Reise von Marburg nach Nürnberg an. Bernward Tholes „viertes Kind“ verließ seine Heimat, die Trennung fiel dem Archivgründer damals nicht leicht.
„Mein Deutsches Spielearchiv in Nürnberg zu wissen, ist für mich nicht nur emotional, sondern auch fachwissenschaftlich eine Genugtuung und ich darf dies wohl auch als Ausweis meiner über drei Jahrzehnte währenden intensiven Sammler- und Forschertätigkeit verstehen. Ich bin glücklich, dass mit den Museen der Stadt Nürnberg nun eine institutionelle Einbindung gelingt, die einen dauerhaften Bestand dieser Einrichtung gewährleistet.“ (Dr. Bernward Thole, Die Spielebrücke e.V., Marburg)
Bernward Thole bleibt unvergessen als Mensch und durch sein Wirken und seinen unermüdlichen Einsatz für eine der wertvollsten kulturellen Errungenschaften unserer Gesellschaft. Das Spiel.
In dankbarer Erinnerung ein Link zum Film von Sebastian Wenzel über Bernward Tholes Leben: https://kulturgutspiel.de/feuilleton/bernward-thole-ueber-sein-verspieltes-leben/