Die attraktivsten Einzelhandelsstandorte: Deutsche Mittelstädte
Wo kaufen die Deutschen 2025 am liebsten ein? Nicht unbedingt vor der eigenen Haustür – sondern dort, wo das Shopping-Erlebnis stimmt. Mittelstädte sind die heimlichen Stars des Einzelhandels, denn sie üben eine starke Anziehungskraft auf ihr Umland aus und profitieren dank ihres umfangreichen Handelsangebots von Kaufkraftzuflüssen. Das zeigt die aktuelle Studie zur NIQ Einzelhandelszentralität 2025.
Im Schnitt verfügen die Deutschen 2025 über 6.226 Euro pro Kopf für Retail-Ausgaben. Doch die Einzelhandelskaufkraft verteilt sich regional sehr unterschiedlich: Sie reicht in diesem Jahr von 7.952 Euro im Landkreis Starnberg bis 5.254 Euro im Stadtkreis Gelsenkirchen. Allerdings fließt nicht die gesamte Kaufkraft in den stationären Handel – und oft auch nicht in den Handel am Wohnort.
Der Vergleich von Kaufkraft und regionalen Einzelhandelsumsätzen ergibt die sogenannte Einzelhandelszentralität, die die Anziehungskraft des regionalen Handels misst. Diese zeigt, welche Regionen dank Kaufkraftzuflüssen von überdurchschnittlichen stationären Einzelhandelsumsätzen profitieren und wo hingegen Kaufkraftabflüsse zu verzeichnen sind. Werte über 100 stehen für einen Kaufkraftzufluss, Werte unter 100 für einen Kaufkraftabfluss.
2025 verzeichnen 184 deutsche Kreise einen Kaufkraftzufluss, während in 216 Kreisen ein Abfluss zu beobachten ist. Naturgemäß profitieren vor allem Stadtkreise, in denen sich der Einzelhandel konzentriert und die damit eine hohe Anziehungskraft auf das Umland ausüben.
Mittelstädte bleiben attraktiv: Zweibrücken auf Rang eins
Auch 2025 dominieren deutsche Mittelstädte das Zentralitätsranking. Der attraktivste Einzelhandelsstandort ist wie schon seit vielen Jahren Zweibrücken mit seiner Outlet City: Mit einem Zentralitätswert von 226,0 zieht die Stadt mehr als doppelt so viel Kaufkraft an, wie sie selbst generiert – und liegt damit deutlich vor dem zweitplatzierten Passau (200,0). Neu in den Top 10 ist der Stadtkreis Pirmasens, der nur wenige Kilometer von Zweibrücken und der deutsch-französischen Grenze entfernt ist. Mit einer Einzelhandelszentralität von 168,2 erreicht Pirmasens Platz acht und profitiert sicherlich von grenzüberschreitenden Einkaufsströmen sowie den dort ansässigen Schuhoutlets.
Viele der Städte in den Top 10 fungieren dabei als Mittelzentren für ein eher ländlich geprägtes Umfeld, in dem nur wenige und verstreute Einzelhandelsangebote existieren. Diese Städte bedienen ein großes Einzugsgebiet mit hoher Kaufkraft, die aus dem Umland in die Versorgungszentren fließt und dort zu einem deutlichen Kaufkraftüberschuss führt.
Diese Dynamik zeigt sich auch am Schlusslicht des Rankings: Mit einer Zentralität von 61,0 belegt der Landkreis Straubing-Bogen den letzten Platz unter allen 400 deutschen Stadt- und Landkreisen, während der Stadtkreis Straubing bundesweit Rang drei erreicht. Das bedeutet: Fast 40 Prozent der Einzelhandelskaufkraft von Straubing-Bogen fließt in umliegende Regionen ab – vor allem nach Straubing.
Keine Großstädte im vorderen Feld
Großstädte sucht man im vorderen Feld hingegen vergeblich. Mannheim ist mit einer Zentralität von 129,4 auf Rang 39 die bestplatzierte Stadt über 300.000 Einwohner. Köln als erste Millionenstadt liegt auf Rang 86 mit einer Zentralität von 112,3, während die Hauptstadt Berlin mit einem Wert von 100,4 lediglich Rang 179 erreicht.
Filip Vojtech, Einzelhandelsexperte im Bereich Geomarketing von NIQ, kommentiert: „Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass Mittelstädte weiterhin eine zentrale Rolle im deutschen Einzelhandel spielen. Während Großstädte zwar über ein breites Angebot verfügen, sind es vor allem die mittelgroßen Städte, die durch spezialisierte Formate wie Outlets, attraktive Innenstädte und eine gute Erreichbarkeit Kaufkraft aus dem Umland anziehen. Für Händler bedeutet das: Wer in attraktive Mittelzentren investiert, profitiert in der Regel von niedrigeren Mieten, stabilen Umsätzen und einer hohen Kundenbindung.“
432,1 Milliarden Euro fließen 2025 in den stationären Handel
Neben der „Sogwirkung“ einer Region lohnt sich auch der Blick auf den Gesamtumsatz im stationären Einzelhandel – denn dieser Wert zeigt, wo das größte Umsatzpotenzial liegt. Wie zu erwarten, führen die einwohnerstärksten deutschen Kreise dieses Ranking an.
Auf Platz eins liegt Berlin: In der Hauptstadt fließen mehr als 19,3 Milliarden Euro in den stationären Einzelhandel, was einem Anteil von 4,47 Prozent am gesamten Umsatz in Deutschland und damit mehr als dem Umsatz von Hamburg und München zusammen entspricht. Die Hansestadt folgt mit 2,57 Prozent auf Rang zwei, die bayrische Landeshauptstadt mit 2,39 Prozent auf Rang drei. Die zehn umsatzstärksten Kreise vereinen zusammen 16,76 Prozent des gesamten stationären Einzelhandelsumsatzes in Deutschland. Damit steigt ihr Anteil erstmals seit Jahren wieder leicht an.
In Oberbayern sitzt das meiste Geld für Einkäufe im Einzelhandel
Für Händler und Hersteller ist es auch wichtig zu wissen, wo das Nachfragepotenzial sitzt, bevor es in den Einzelhandel fließt. Die Einzelhandelskaufkraft zeigt das durchschnittliche Ausgabepotenzial am Wohnort der Menschen. Dieses Wissen ermöglicht es beispielsweise, Filialen im Lebensmitteleinzelhandel wohnortnah zu planen und Werbekampagnen gezielt auszusteuern.
Ein Blick auf die Top 10 zeigt, dass sieben der zehn kaufkraftstärksten Kreise in Bayern liegen. Wie in den Vorjahren belegt der Landkreis Starnberg beim Kreisranking nach Einzelhandelskaufkraft den ersten Platz. Mit 7.952 Euro pro Kopf verfügen die Starnberger über knapp 28 Prozent mehr Budget für Ausgaben im Einzelhandel als der Durchschnittsdeutsche.
Auf den Plätzen zwei und drei folgen der Land- und Stadtkreis München, wo die Menschen immer noch mindestens 21 Prozent mehr als der Bundesdurchschnitt im Handel ausgeben. Den letzten Platz belegt erneut der Stadtkreis Gelsenkirchen: Hier stehen den Menschen durchschnittlich 5.254 Euro pro Kopf und damit knapp 16 Prozent weniger als dem Bundesdurchschnitt zur Verfügung.