Zoll-Deal bringt deutschen Unternehmen neue Sorgen
Statt Erleichterung bringt der vorläufige Zoll-Deal mit den USA deutschen Unternehmen zusätzliche Sorgen. Das geht aus einer aktuellen Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) hervor. Über die Hälfte (58 Prozent) erwarten danach künftig weitere Belastungen. Bei Unternehmen mit direktem US-Geschäft sind es sogar drei Viertel (74 Prozent).
Eine wirtschaftliche Entlastung durch die Zolleinigung erwartet so gut wie niemand: Nur fünf Prozent rechnen mit positiven Effekten. Die Daten basieren auf einer Online-Umfrage. Daran beteiligten sich laut DIHK 3.355 Unternehmen zwischen dem 31. Juli und 4. August.
Bittere Pille für deutsche Unternehmen
"Statt Erleichterung melden uns viele deutsche Unternehmen vor allem eins: zusätzliche Sorgen", fasste DIHK-Hauptgeschäftsführerin Helena Melnikov die Ergebnisse zusammen. Die Einigung möge politisch wohl notwendig gewesen sein. “Für viele Unternehmen in Deutschland ist sie dennoch eine bittere Pille. Sie bringt zusätzliche Belastungen statt Entlastungen: höhere Zölle, mehr Bürokratie sowie sinkende Wettbewerbsfähigkeit.”
Besonders problematisch sei, dass noch nicht einmal sicher sei, ob dieser Kompromiss auch halte. "Nichts ist garantiert", sagte Melnikov. “Gerade deshalb muss die EU-Kommission in den weiteren Gesprächen dringend auf echte wirtschaftliche Verbesserungen drängen.”
Die EU und die USA hatten im Zollstreit zuletzt eine Einigung erzielt. Das Abkommen zwischen Trump und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sieht einen Zollsatz in Höhe von 15 Prozent für die meisten EU-Importe in die USA vor. Starttermin war der 7. August. Schon jetzt hat die US-Handelspolitik für fast drei Viertel der Betriebe (72 Prozent) spürbare Auswirkungen.
Negative Auswirkungen machen sich bemerkbar
Besonders kritisch ist die Lage laut DIHK-Umfrage für Firmen mit direktem US-Geschäft: 89 Prozent – also neun von zehn Unternehmen – sehen derzeit negative Effekte. Als größte Belastung nennen diese die anhaltende handelspolitische Unsicherheit – und die Sorge vor neuen Zöllen. 80 Prozent geben dies als zentrales Problem an. 72 Prozent bereitet der Basiszollsatz von aktuell zehn Prozent und der bevorstehenden Anhebung auf 15 Prozent Sorgen.
Auch in der globalen Marktstrategie hinterlassen die handelspolitischen Unsicherheiten Spuren: 54 Prozent der Firmen mit direktem US-Geschäft geben an, weniger mit den USA handeln zu wollen. 26 Prozent reduzieren ihre US-Investitionen oder legen sie auf Eis. Und die höheren Zollkosten im US-Geschäft treffen nicht nur die Unternehmen in Deutschland.
Von den Betrieben, die von einem veränderten Umgang mit Zollkosten berichten, geben 84 Prozent an, zumindest einen Teil der Mehrkosten an ihre Kundinnen und Kunden in den USA weiterzugeben. Damit heizten die Zölle die US-Inflation an. "Die US-Zollpolitik kennt keine Gewinner: Sie schadet Unternehmen und Verbrauchern auf beiden Seiten des Atlantik", sagte Melnikov.
Hohe US-Zölle für die Schweiz: Chance für deutsche Firmen?
Profitieren könnte die deutsche Exportwirtschaft jedoch von einer anderen Zoll-Ankündigung. Denn während Trump für die EU einen Zollsatz von "nur" 15 Prozent vorsieht, trifft es die Schweiz mit 39 Prozent. "Wenn die Zolldifferenz bleibt, würde das einen Impuls nach Deutschland bringen", sagte Hans Gersbach, Ko-Direktor der Konjunkturforschungsstelle (Kof) an der Universität ETH in Zürich, der Nachrichtenagentur dpa.
Gleichzeitig gibt es nach Ansicht des Schweizer Ökonomen auch negative Effekte für Deutschland: “Deutsche Zulieferer an Schweizer Firmen wären auch betroffen, wenn die Schweiz weniger in die USA exportiert. Wenn die Schweizer Wirtschaft sich zudem abschwächt, wäre das für Deutschland auch nicht gut. Deutschland ist neben den USA der wichtigste Handelspartner der Schweiz.”
Gersbachs Fazit: "Punktuell kann deshalb die eine oder andere deutsche Firma einen Wettbewerbsvorteil haben, aber unter dem Strich dürfte sich kaum jemand die Hände reiben. Man wird einen kleinen Impuls haben, aber gesamtwirtschaftlich dürfte der Effekt aus allen einzelnen Effekten kaum ins Gewicht fallen."
Quelle: tagesschau.de