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Illustrationen von verschiedenen Menschen.

Brettspielprofis – Multitalente mit Überzeugung

Ein Buch vereint Erfinder, Verleger, Unterstützer im Porträt

Sie sind ideenreich, erfinderisch, ausdauernd – und bis ins hohe Alter verspielt: Menschen, die Brettspiele erfinden, sie testen und auf den Markt bringen, die Spielevereine und -Archive ins Leben gerufen haben oder sich professionell der Ludologie verschrieben haben. Ohne sie gäbe es prägende Kindheitserinnerungen wie Hase und Igel oder Lotti Karotti nicht, auch nicht die komplexen Brettspiele mit vielen Ablegern wie Catan, die die Freizeit von tausenden Menschen verschönern. 66 dieser Menschen sind in dem Band Brettspielprofis porträtiert.  
Herausgegeben hat das Buch Karin Falkenberg, bis vor Kurzem Leiterin des Nürnberger Spielzeugmuseums. Die Porträts basieren auf einer wissenschaftlich angelegten Umfrage unter den Menschen hinter den Brettspielen. Anlass war der Wunsch, die deutsche Brettspielkultur als Immaterielles Kulturerbe der UNESCO anerkennen zu lassen – was 2025 auf Bundesebene gelang. Das klingt nach verkopfter Analyse dieses Kulturguts. Doch die Porträts, die Peter Budig, Gabriele König, Toni Janosch Krause, Jana Mantel und Peter Neugebauer verfasst haben, konzentrieren sich ganz auf die Persönlichkeiten (v.a. aus dem deutschsprachigen Raum) und ihre Biografien, die bunt sind und bestens unterhalten. Elke Schillai hat sie mit Anklängen an Brettspiel-Optik illustriert.
 

Wegbereiter und junge Ideengeber

(Illustration: Elke Schillai)

Bei der Auswahl hat sich das Autorenteam auf die rasante Entwicklung der Brettspiel-Szene in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis heute konzentriert. Die großen Namen der Branche tauchen auf, verstorbene wie der Spiele-Kritiker Eugen Oker, Postspiel-Ikone Walter Luc Haas und Erfinder Rudi Hoffmann (Café International, Maestro), die mit ihren Ideen und ihrem Einsatz für das Spielen große Fortschritte für die Szene bereitet haben; und ihre jüngeren Nachfolger, die das klassische Brettspiel mit grafischen, taktischen und Story-Ideen auf neue Ebenen heben. 

Was die Erfinderinnen und Ideengeber angeht, fällt beim Lesen bald auf: Es sind besonders begabte Menschen, die sich dem Spielen verschreiben. Nicht im Sinn von hochbegabt (manchmal auch), aber vor allem mit einem ausgeprägten Gespür für die Querverbindungen zwischen geistiger Anstrengung und Lust, zwischen haptischem Erlebnis und fantastischer Gedankenreise, zwischen sozialem Austausch und Wettbewerb. Die interviewten Vereins-Initiatoren, Verleger und spezialisierten Journalisten sind für den sozialen Aspekt des Spielens nicht wegzudenken. Spiele testen, besprechen, vergleichen und manchmal sogar mit neuen Regeln weiterdenken – ein wichtiger Bestandteil des Kulturguts Brettspiel und der Szene. Wobei das Erfinder-Paar Inka und Markus Brand kritisch anmerkt, dass die schnellen YouTube-Rezensenten sich oft nicht ausführlich mit den Spielen beschäftigen.

 

Das Buch

Brettspielprofis. Menschen und ihre Geschichten auf dem Weg vom Brettspiel zur Branche.
Für die Museen der Stadt Nürnberg herausgegeben von Karin Falkenberg.
Michael Imhoff Verlag , Petersberg 2025, ISBN 978-3-7319-1560-7, 22 Euro. 

Entstanden ist das Buch mit Finanzierung des Vereins Spiel des Jahres e.V.
Zum Buch
 

In der Kindheit geprägt

(Illustration: Elke Schillai)

Das Spielen in der Familie hat sie fast alle geprägt – oft mit Klassikern wie Schach, Halma und Mensch ärgere dich nicht. Und manchmal ist es auch der Umweg übers Digitale, der wieder zum Brettspiel führt, wie bei Petra Fuchs, die in Pfarrkirchen das Spielcafé der Generationen betreibt und über LAN-Partys zurück zum Brettspiel kam. 
Der Ausgangspunkt für Spiel-Ideen ist so unterschiedlich wie die Interessen der Erfinderinnen und Erfinder: Ein mathematisches Knobel-Gen, Lust an Literatur oder der Grafik. Doch immer überschneiden sich die Talente. Illustratorin Doris Matthäus hat auch einen ausgeprägten Sinn für die Mechanik eines Spiels – für deren Entwurf ist aber
 

zunächst ihr Mann Frank zuständig. Überhaupt sind es die Erfinder-Gespanne, die sich oft am interessantesten lesen – vielleicht, weil man Einblicke in dieses kreative Ping Pong erhält, das zu einem tollen Brettspiel führt.

Kulturgut SPIEL

Seit 2025 ist das Brettspiel immaterielles Kulturerbe der UNESSCO in Deutschland. Viele der im Buch vorgestellten Profis haben sich dafür eingesetzt.

Zur Anerkennung des Brettspiels als Kulturgut
Blogbeitrag des Instituts der Ludologie: Brettspiele spielen - Brettspielkultur in Deutschland 
 

Ohne Verleger geht nichts

Nicht vergessen werden die Unternehmer, die diese Erfolge ermöglichen: Menschen, die wirtschaftliches Denken mit der Spürnase für den Publikumsgeschmack zusammenbringen. Der ändert sich dauernd, was man beim Gedanken an die großen Klassiker manchmal vergisst. 
Unermüdliches Engagement für das Kulturgut Brettspiel haben viele der Porträtierten im Buch eingebracht: Ohne sie gäbe es keine Autorennamen auf den Schachteln, keine SPIEL in Essen und kein Spielearchiv in Altenburg oder Haar oder Nürnberg. 
Der Band Brettspielprofis geht strikt biografisch vor – das hat zur Folge, dass man die Querverbindungen zwischen Erfindern, Illustratorinnen, Verlegern und Rezensenten nur allmählich erfährt. Einige Texte werden durch eigene Ergänzungen der Porträtierten redundant. Und sicher gibt es die ein oder andere Persönlichkeit, die nicht aufgenommen wurde, es aber verdient hätte. Dennoch gibt das Buch einen umfangreichen Einblick in die Vielfalt der Branche.
Nach der unterhaltsamen Lektüre bleibt hängen: Es sind durchweg interessante und außergewöhnliche Köpfe, die das Brettspiel hegen und pflegen, unermüdlich in ihrem Einsatz und im freundschaftlichen Wettbewerb. Sie alle sind wunderbare Botschafter und können uns überzeugen, dass Spielen ein Lebenselixier ist und Menschen verbindet.
 

Internationale Spieleerfindermesse

Die bereits etablierten und künftigen Brettspielprofis treffen sich auf der Internationalen Spieleerfindermesse. Dort präsentieren die findigen Köpfe ihre Prototypen den Spieleverlage und Spieleagenturen. Die Fachveranstaltung findet in Kooperation mit dem Bayerischen Spielearchiv Haar e.V. parallel am Freitag, den 30. Januar 2026, im Messezentrum Nürnberg statt.

Zur Anmeldung für Spieleautorinnen und Spieleautoren bis 7. Dezember 2025. Webseite der der Spieleerfindermesse
 

Über die Autorin 

Die Journalistin und Moderatorin Katharina Erlenwein war lange Jahre stellvertretende Leiterin des Feuilletons der Nürnberger Nachrichten. Seit 2021 widmet sie sich der Wissenschaftskommunikation, kulturellen Erwachsenenbildung und ehrenamtlich dem Literaturhaus Nürnberg. Brettspiele mag sie, wenn sie optisch und haptisch überzeugend sind. Das Gewinnen ist dann nicht so wichtig.

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