
Einstieg in den indischen Spielwarenmarkt
Chancen und Herausforderungen: Einblicke für Unternehmen zum Markteintritt
Vom Daniele Caroli
Indien gilt als vielversprechender Markt für die Spielwarenbranche, wobei Vorschriften und Zölle für den Import manchmal eine Herausforderung sind. Im Assogiocattoli Academy Webinar hat die The Asia Toy & Play Association (ATPA) aufgezeigt, welche Schritte Unternehmen beim Einstieg in diesen bedeutenden asiatischen Markt beachten sollten und welche Vorsichtsmaßnahmen ratsam sind.
Im Jahr 2024 wurde der indische Spielwarenmarkt auf rund 2,2 Milliarden US-Dollar geschätzt. Bis 2030 soll das Marktvolumen auf 4 Milliarden US-Dollar steigen – das entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 12 Prozent zwischen 2025 und 2030. Gleichzeitig sorgt die staatliche Förderung von „Made in India“ dafür, dass die Spielwarenexporte in den vergangenen drei bis vier Jahren deutlich zugelegt haben. Die aktuellen Zahlen sprechen für sich: Von 2014/15 bis 2023 ist der Export um beeindruckende 239 Prozent gestiegen. Damit ist Indien längst nicht mehr nur ein Absatzmarkt, sondern entwickelt sich Schritt für Schritt zu einem global wettbewerbsfähigen Produktionsstandort.
Das Webinar „Der Spielwarenmarkt in Indien – Chancen für italienische Unternehmen“, organisiert von Assogiocattoli im September 2025, wurde von Matteo Vezzosi, Executive Director der ATPA, auf Italienisch gehalten.
Zum Webinar: Der Spielwarenmarkt in Indien
Link-Titel: The Toy Market in India webinar by Assogiocattoli & ATPA
Das Webinar wird von der Assogiocattoli Academy angeboten, die 2020 gegründet wurde. Das Programm der Academy bietet Mitgliedern von Assogiocattoli kostenlose Schulungen und Fortbildungen, um sie bei der Anpassung an die sich stetig wandelnden Anforderungen der Spielwarenbranche zu unterstützen.
Zur Webseite: Website Assogiocattoli Academy
Marktprofil
Der indische Spielwarenmarkt zählt aktuell bereits zu den zehn umsatzstärksten Märkten weltweit. ATPA, so Vezzosi, ermutigt alle Mitglieder, Indien genauer unter die Lupe zu nehmen. Bei der Segmentierung nach Produktkategorien liegt der Bereich Frühe Kindheit mit 25 Prozent vorn – ein Spiegelbild des demografischen Booms, der jungen Bevölkerung und einer wachsenden Mittelschicht, die bereit ist, in Spielwaren zu investieren. Es folgen Puppen und Plüsch, Konstruktionsspielzeug, Fahrzeuge/Ride-ons sowie Brettspiele. Wichtigster Vertriebskanal ist der Einzelhandel im großen Stil (40 Prozent), doch in den vergangenen Jahren hat sich der E-Commerce rasant entwickelt und erreicht inzwischen einen Marktanteil von 35 Prozent. Fachgeschäfte (25 Prozent) verlieren hingegen zunehmend an Bedeutung.

Bevölkerung und Kaufkraft
In Indien leben rund 250 Millionen Menschen unter 14 Jahren – und diese Zahl wird weiter steigen, denn die Geburtenrate ist deutlich höher als in Europa, den USA und dem übrigen Asien. Die Kaufkraft wächst ebenfalls, auch wenn das durchschnittliche Einkommen derzeit bei etwa 5.000 US-Dollar liegt. Bis 2030 wird erwartet, dass über 60 Millionen Familien ein Einkommen zwischen 8.000 und 10.000 US-Dollar erreichen. Wie in weiten Teilen Asiens spielt der Preis beim Spielwarenkauf eine große Rolle: Rund 60 Prozent der angebotenen Produkte kosten weniger als 10 US-Dollar. Wer in Indien erfolgreich sein möchte, muss ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Premium- und preisgünstigen Sortimenten bieten. Auch in Indien unterliegt der Spielwarenverkauf saisonalen Schwankungen: Weihnachten und Diwali, das Fest der Lichter, machen zusammen 30 bis 40 Prozent des Jahresumsatzes aus.
Anforderungen an die Spielwarenqualität
Seit Januar 2021 gilt in Indien die Toys Quality Control Order, die vorschreibt, dass alle in Indien verkauften Spielwaren eine BIS-Zertifizierung (Bureau of Indian Standards) benötigen. Für in Indien hergestellte Produkte ist dieser Zertifizierungsprozess schnell und unkompliziert, während er für Importwaren deutlich länger dauert – bis zu 6 bis 8 Monate – und mit höheren Kosten verbunden ist. Auch die Produktionsstätten müssen zertifiziert sein; aktuell gibt es in China keine von Indien zertifizierten Produktionsstätten, sodass ein Export von dort nach Indien nicht möglich ist. Für europäische Hersteller reicht hingegen die BIS-Zertifizierung des Spielzeugs selbst aus.
Der Zollsatz auf fertige Spielwaren liegt bei hohen 70 Prozent. Laut Vezzosi soll damit der Import erschwert und die lokale Produktion gefördert werden. Die Mehrwertsteuer (GST) wurde kürzlich von 18 auf 5 Prozent gesenkt, und eine Informationskampagne sorgt dafür, dass die Preissenkung auch tatsächlich beim Verbraucher ankommt. Zu den Kennzeichnungsvorschriften gehören das ISI-Qualitätszeichen, das von der BIS vergeben wird, eine BIS-Lizenz sowie die Angabe des Ursprungslandes. Zudem wurden neue Steueranreize für „Made in India“ eingeführt, wodurch in verschiedenen Regionen Produktionscluster entstehen.
Vezzosi weist darauf hin, dass die Europäische Union und Indien derzeit über ein Freihandelsabkommen verhandeln, das voraussichtlich bis Ende 2025 abgeschlossen wird. Es bleibt zu hoffen, dass darin insbesondere Zollvergünstigungen für europäische Exporte enthalten sein werden.

Chancen für europäische Unternehmen
Mehrere internationale Firmen sind mit dem Ziel nach Indien gekommen, dort nicht nur für den heimischen Markt zu produzieren, sondern auch für den Export. Dieser Trend setzte während der Pandemie ein, getrieben vom Wunsch, die Beschaffung über China hinaus zu diversifizieren. Arbeitskräfte sind günstig verfügbar, allerdings fehlt es an Fachwissen und die Einfuhr von Rohstoffen gestaltet sich schwierig.
Für italienische und generell europäische Unternehmen bieten sich in bestimmten Produktkategorien attraktive Möglichkeiten. Premium-Spielwaren etwa haben großes Potenzial, da Eltern der Mittelschicht in den Großstädten bereit sind, für Sicherheit und Qualität mehr zu bezahlen. Auch das Interesse an STEM- und edukativen Spielen ist groß, insbesondere in den Bereichen Robotik, Coding und Smart Toys. Indien ist im Recycling sehr aktiv, und die Nachfrage nach nachhaltigen Produkten wie Holzspielwaren, recyceltem Papier und Biokunststoffen wächst stetig. Ebenfalls stark gefragt sind Marken, Lizenzen und internationale geistige Eigentumsrechte. Darüber hinaus kann Indien als Produktionsstandort für den Export in Länder genutzt werden, mit denen Freihandelsabkommen bestehen – insbesondere in Südostasien –, was besonders vorteilhafte Zollbedingungen ermöglicht.

Risiken und Herausforderungen
Vezzosi weist darauf hin, dass regulatorische Hürden – wie die BIS-Zertifizierung, die nur ein Jahr gültig ist und deren Verlängerung drei bis vier Monate dauert –, hoher Kostendruck durch Zölle sowie die weitverbreitete Produktpiraterie (rund 15 Prozent Marktanteil) wichtige Themen sind, die beachtet werden müssen. Hinzu kommt ein Mangel an Infrastruktur, etwa an Prüflaboren, Straßen, Häfen und Bahnhöfen. Allerdings wurden inzwischen Spielwaren-Produktionscluster in Sonderwirtschaftszonen eingerichtet, die an das Schienennetz und die Seehäfen angebunden sind.
Zugangswege
Laut ATPA ist für den Einstieg in den indischen Markt eine Pilotphase unerlässlich. Diese beginnt mit kleinen Importmengen, die über E-Commerce und Premium-Stores vertrieben werden, unterstützt von einem lokalen Partner. Um Importhürden zu überwinden, haben sich einige Mitglieder dazu entschieden, die Produktion vor Ort zu starten und so den Markt zu testen – das spart Zeit und Kosten. In Indien ist es entscheidend, auf einen etablierten lokalen Vertriebspartner zu setzen. Das gilt ebenso für den Abschluss von Lizenz- und IP-Vereinbarungen.

Unterstützung durch die ATPA
Die ATPA kann Unternehmen bei vielen Fragen rund um den Markteintritt in Indien unterstützen. Die Vereinigung informiert über regulatorische Änderungen, vertritt die Branche bei Gesprächen mit Behörden und gibt Rückmeldung zu notwendigen Abläufen. Zu den Mitgliedern zählen indische Unternehmen, die nicht nur produzieren, sondern auch als Distributoren agieren. In Vorbereitung auf die Gründung eines eigenen Chapters in Indien hat die ATPA derzeit ein lokales Komitee ins Leben gerufen, das das Projekt weiterentwickelt.
Für weitere Informationen kannst du dich an Matteo Vezzosi wenden: matteo@atpa.asia
Marktexperten diskutieren im Toy Business Forum über die Markteintrittsstrategien und Indiens Potenzial als Produktionsstandort.
Zum Programm: Podiumsdiskussion über den indischen Spielwarenmarkt
Donnerstag, den 29. Januar 2026 um 12:00 Uhr
Spielwarenmesse 2026, Messezentrum Nürnberg, Halle 3A | B-31, D-40
Über den Autor
Der italienische Journalist Daniele Caroli ist seit 1994 Herausgeber und Redakteur von internationalen Fachzeitschriften für Baby- und Kleinkindartikel sowie Spielwaren. Er war Vorsitzender der Verbände BCMI (Baby Care Magazines International) und ITMA (International Toy Magazines Association). Davor war er als Journalist für Musik- und Verbraucherelektronik-Magazine tätig.


