Neues Siegel für fair produziertes Spielzeug

Erste Verleihung des Qualitätssiegels der Fair Toy Organisation an zwei Spielwarenhersteller im Spielzeugmuseum Nürnberg

Von Peter Budig

Die Fair Toys Organisation (FTO) verfolgt ein klares Ziel: Sie fordert eine faire Spielzeugproduktion und will glaubhaft überprüfen, ob Unternehmen dabei ökologische und soziale Kriterien einhalten. Es geht um den Umgang mit Mitarbeitern (sicherer Arbeitsplatz, Recht auf gewerkschaftliche Vertretung, gerechte Mindestlöhne, keine Kinderarbeit …) und ökologische Standards. Aus diesen Vorgaben entwickelte die 2020 in Nürnberg gegründete FTO ein Prüfverfahren. Am Donnerstag, den 28. September 2023, übergab sie erstmals das „Fair Toys Siegel“ an zwei Spielwarenhersteller. Das Prädikat zertifiziert den Herstellern ihre Bemühungen um Fairness. Den Kunden zeigt es, dass sie Produkte der ausgezeichneten Produzenten guten Gewissens kaufen können.

Komplexer Prüfungsprozess

Nürnberg ist die Spielzeug-Stadt. Die größte Fachmesse und das bedeutendste Museum sind hier beheimatet – und neuerdings die „Fair Toys Organisation“. Sie nennt sich eine „Multi-Stakeholder-Initiative“, einfacher ausgedrückt, sie besteht aus Mitgliedern der Spielwarenbranche, der Spielwarenproduktion und aus der (organisierten) Zivilgesellschaft. „Andere Branchen haben sich schon lange eine Selbstverpflichtung zu fairen Produktionsbedingungen auferlegt“, so FTO-Vorstand Helga Riedl und erinnert an das Textilsiegel Fair Wear. Ein eigenes Prüfverfahren mit Siegel zu entwickeln, war allerdings kein einfaches Unterfangen. Im Vordergrund stand die Glaubwürdigkeit, die nur eine unabhängige Prüfungsorganisation liefern kann. In der Spielwarenbranche gibt es allerdings komplizierte, lange Lieferketten. Die Produktion der Waren findet auf der ganzen Welt statt. Das erleichtert die Prüfungen für das Siegel nicht.

Heunec und Plasticant mobilo bestehen den „Fair Performance Check“

Erste Live-Übergabe des FTO-Siegels an Barbara Fehn-Dransfeld und Josephine Dransfeld von der Firma Heunec aus der Hand von FTO-Vorstand Dr. Jürgen Bergmann (Foto: FTO /Rudi Ott)

Als Beispiel kann die Firma Heunec aus Neustadt bei Coburg gelten, die jährlich zwei Millionen Kuscheltiere –in allen Größen, vom Schlüsselanhänger bis zum drei Meter hohen Präsentationsbären – verkauft. Am Stammsitz arbeiten 39 Mitarbeiter, hier wird auch produziert, doch „die meisten Kuscheltiere von Heunec kommen aus China“, räumt Geschäftsführerin Barbara Fehn-Dransfeld ein. Und wer weltweit die Plüschstoffe, Kunststoffaugen und das Füllmaterial produziert, lässt sich nicht so einfach kontrollieren. Die erste Preisträgerin Fehn-Dransfeld ist mit Tochter Josephine gekommen, die bereits als Geschäftsführerin agiert. Die Firma Heunec hat den gesamten Prüfungsprozess, mit detaillierten Fragebögen, einem Maßnahmenplan aufgrund der Antworten, Schulungen und Beratungen und abschließendem „Fair Performance Check“ vor Ort durchlaufen. Jetzt dürfen sich die Plüschtiere, nachdem die erforderliche Punktzahl im Bewertungssystem erreicht wurde, mit dem Siegel schmücken, das bald im Handel alle Produkte zieren wird. Auch der zweite prämierte Siegelträger Sven Grabosch von der Firma Plasticant mobilo aus dem baden-württembergischen Sulzburg hat an den Verfahren erfolgreich teilgenommen.

Notwendige Anschubfinanzierung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)

Josephine Dransfeld, Juniorchefin der Firma Heunec mit einem Teddy mit dem neuen Fair Toys Siegel (Foto: FTO / Rudi Ott)

Um den Prüfprozess glaubhaft und nachvollziehbar zu machen, war zunächst fachkundiges Personal nötig. Die FTO bekam diese Finanzierung für die Büroräume und zwei ganze Stellen, aufgeteilt auf vier Mitarbeiter vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vorfinanziert. Doch auf lange Sicht sollen Mitglieder die Kosten durch Beiträge decken. Der jährliche Mitgliedsbeitrag für Mitglieder aus der Zivilgesellschaft – dazu zählen etwa die Städte Nürnberg und Fürth, die Christliche Initiative Romero, Institut für Ludologie, die Mission EineWelt, das Nürnberger Menschenrechtszentrum und andere, variiert je nach Größe der Organisation. Das gilt auch für Fördermitglieder, wozu das Spielzeugmuseum Nürnberg, die Spielwarenmesse eG und Privatpersonen zählen. Für Herstellerunternehmen basieren die Mitgliedsbeiträge auf dem Umsatz mit Spielzeug (Beispiele: bis 1 Mio.: € 1.000 €, … bis 50 Mio.: € 9.000 €, … über 500 Mio.: € 15.000 €). Mitglieder aus dem Kreis der Hersteller sind im Moment Alea Artis, Alldoro, Community Playthings, Deutscher Verband der Spielwarenindustrie, Faller, Fischertechnik, Franckh-Kosmos Verlag, Haba, Heunec, livipur, Mawi, Noch, Plasticant Mobilo, sigikid, Spiel ein Spiel, Spielwaren Krömer, Tiny Hazel und Zapf Creation. Es gibt weitere Regelungen zum Beispiel für den Spielzeughandel, für Spielzeugverbände, Gewerkschaften, Körperschaften des Öffentlichen Rechts u. a. m.

Vorteile für Hersteller, Kunden und Menschenrechte in aller Welt

Nicht nur die Hersteller profitieren von fairen Herstellungs- und Handelsprozessen, sondern ganz konkret auch Kunden und die Gesellschaft schlechthin. „Verbraucher können sicher sein, dass die Produkte dieser Firmen den Standards der Fair Toys Organisation entsprechen, dass Arbeitsrechte, dass Menschenrechte bei der Produktion eingehalten werden“, so Vorstandsmitglied Maik Pflaum. Da in der Spielzeugindustrie nicht selten in Billiglohnländern produziert wird, hat das Qualitätssiegel internationale Strahlkraft. Laut Pflaum hilft dieses „Siegel mit seinen strengen Standards eine glaubwürdige Einschätzung zu liefern, wo sind Arbeitsrechte drin, und wo nicht."

Auszeichnung für Verantwortung übernehmen

Im Vorstand ist mit Prof. Harald Bolsinger vom Fachbereich Ethik und Nachhaltigkeit der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt, ein Vertreter, der mit seiner Expertise für wissenschaftliche Begleitung bürgt: „Diese Organisation ist auf langfristige Arbeit ausgerichtet. So kann jeder lernen, wie er immer besser wird. Es ist eine Organisation des guten Willens“, betonte er. Die abschließende Einschätzung stammt von Maik Pflaum: „Das Siegel kann keine Wunder vollbringen und keine lückenlose Perfektion bieten. Doch es ist ein Bekenntnis für Verantwortung und, dass ein Unternehmen menschenrechtliche Pflichten einhält.“

Fair Toys Organisation (FTO)

Die Fair Toys Organisation besteht aus Mitgliedern der Spielwarenbranche und der Zivilgesellschaft. Die Multi-Stakeholder-Initiative setzte sich zum Ziel, ein Siegel zu entwickeln und vergeben, das glaubwürdig für eine faire und umweltfreundliche Spielwarenproduktion steht.

Gründung: Juli 2020 im Spielzeugmuseum Nürnberg

Erste Siegelvergabe: September 2023 im Spielzeugmuseum Nürnberg

Zur Webseite der Fair Toys Organisation

Zum Podcast mit Maik Pflaum, Vorstandsmitglied der FTO

Zum Youtube-Video mit Christian Krömer, Spielwarenhändler, und Axel Gottstein, Spielwarenhersteller (2022)

 

Über den Autor:

Peter Budig hat Evangelische Theologie, Geschichte und Politische Wissenschaften studiert. Er war als Journalist selbstständig, hat über zehn Jahre die Redaktion eines großen Anzeigenblattes in Nürnberg geleitet und war Redakteur der wunderbaren Nürnberger Abendzeitung. Seit 2014 ist er wieder selbstständig als Journalist, Buchautor und Texter. Storytelling ist in allen Belangen seine liebste Form.

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