Nachhaltig handeln: Shopping goes green

Von Claudia Rivinius

Nachhaltig handeln – was so einfach klingt, ist in der Praxis alles andere als trivial. Auf der einen Seite erfordert Handeln, dass Menschen aktiv werden und bereit sind, ihr Verhalten zu ändern. Auf der anderen Seite setzt es voraus, dass wir ein gemeinsames Verständnis für den Begriff Nachhaltigkeit entwickeln.

Gerade darin besteht jedoch eine der größten Herausforderungen. Denn um zu beurteilen, ob ein Holzspielzeug aus nachhaltiger Forstwirtschaft mit Bio-Farben aus China nachhaltiger ist als ein in Europa produziertes, lackiertes Holzspielzeug aus konventioneller Forstwirtschaft, erfordert eine tiefgreifende Analyse. Der Product Carbon Footprint (PCF), der ökologische Fußabdruck eines Produktes, ist eine mögliche Messgröße, doch er ist heute für die wenigsten Produkte verfügbar. Zudem beurteilt dieser lediglich einen relevanten Faktor: die durch das Produkt entlang der gesamten Wertschöpfungskette entstandenen CO2 Emissionen.

Für die Beurteilung des Wasserverbrauchs, der Kontamination der Umwelt, der Entstehung von Mikroplastik, der Eindämmung der Biodiversität oder auch dem Einsatz von Kinderarbeit ist der PCF keine adäquate Messgröße. Daher ist es nicht verwunderlich, dass es in Europa über 450 verschiedene Siegel gibt, die dem Verbraucher Orientierung geben wollen. Doch ähnlich wie im Straßenverkehr, wo mehr Schilder nicht zu mehr Sicherheit führen, stiften viele Siegel Verunsicherung bei den Käufern.

„Es wird ein branchenübergreifender und umfassender Nachhaltigkeits-Score für alle Produkte benötigt. Somit könnte für die Kund*innen die Komplexität der Kaufentscheidung reduziert werden. Die Verständlichkeit der Siegel und das wahrgenommene Vertrauen in die bestehenden Siegel müssen gestärkt werden“, so formuliert es das Whitepaper der DHBW Heilbronn zum Attitude Behavior Gap in 2022.

In dieser Studie wurde auch untersucht, welche Relevanz Nachhaltigkeit für den Wahl der Einkaufsstätte hat. Das Ergebnis zeigt nachfolgende Grafik: 41,6 % der Befragten geben an, aufgrund eines nachhaltigeren Angebots die Einkaufsstätte wechseln zu wollen.

 2021

 Ich stimmte zu/ eher zu

 2022

 43,2%  

 ... Nachhaltigkeit hat Einfluss auf mein Ernährungs- und Kaufverhalten

 42,9% 

 52,5%

 ... ich bin bereit für nachhaltigeren Konsum auf Wohlstand zu verzichten

 50,8%  

 40,0%

 ... ich bin bereit aufgrund des Angebots nachhaltiger Artikel die Einkaufsstätte zu wechseln

 41,6%  

Attitude-Behavior-Gap im LEH – eine empirische Analyse und Handlungsempfehlungen (Vergleich der Ergebnisse 2021 und 2022)

„Um den nachhaltigen Konsum zu stärken, muss der Handel zunächst zertifizierte, nachhaltige und langlebige Produkte ins Sortiment aufnehmen und im Gegenzug die besonders umweltschädlichen Produkte auslisten. Zudem sollten die nachhaltigeren Produkte besser platziert werden, auch durch die Farbe der Etiketten lässt sich darauf hinweisen“, so eine Empfehlung von Helen Czioska, Leiterin des Kompetenzzentrums Nachhaltiger Konsum im Umweltbundesamt.

Nachhaltigkeit muss kommuniziert werden

Erfolgreiche Spielwarenfachhändler müssen folglich heute nicht nur die neuesten Spieletrends kennen, Brettspiele erklären oder das altersgerechte Geschenk empfehlen, sondern auch in puncto Produktherkunft und Kreislauffähigkeit aussagefähig sein.

Hier können Dekorationen und Aufsteller unterstützen und dem Shopper Orientierung geben. Gleiches gilt für die Verpackung, denn sie ist der erste Kontaktpunkte einer Marke mit dem Verwender. Über die Verpackung können ergänzend zu den Produktinformationen Informationen zu Nachkaufgarantien, Rücknahmemodelle oder Upcycling-Möglichkeiten transparent gemacht werden. Vor allem die Langlebigkeit vieler Spiele ist es, die das Potenzial zu einem echten Sharing-Modell hat.

Nachhaltigkeit spiegelt sich dabei auch im Produktsortiment wider. So spricht ein Uno-Kartenspiel für Farbenblinde ganz neue Zielgruppen an und trägt zur Teilhabe bei. Gleiches gilt für Puppen mit Handycap oder vielfältigen Hautfarben, die von einer Spielwarenfachhändlerin in Berlin Neukölln für ihren Laden kuratiert werden.

Für Fachhändler besonders wichtig ist dabei das Schaufenster – es muss überzeugen und Impulse auslösen, die zum Betreten des Ladens motivieren. Vor allem, wenn Shopper auf der Suche nach einem Geschenk sind.

Wie Händler dazu beitragen können, den Spielwareneinkauf nachhaltiger zu gestalten:

  • Einzelteileservice, falls in der Sammlung das entscheidende Element fehlt
  • Spieleabende, damit Kunden die passenden Produkte ausprobieren können
  • Rücknahmestelle für gebrauchte Spielwaren, um diese entweder weiterzugeben oder fachgerecht zu recyceln
  • Tauschbörsen für gebrauchte Spielwaren
  • Informationen zu Produktherkunft und Recyclingfähigkeit

Über die Autorin:

Claudia Rivinius ist Marketing Director der STI Group - einem führenden europäischen Anbieter nachhaltiger Verpackungen und Displays. Sie hat zahlreiche Studien zur Absatzwirkung von Verpackungen und Displays betreut und eine Sustainability Scorecard zur Beurteilung nachhaltiger Konzepte entwickelt.

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