Hobby Modelleisenbahn - Fantasievoll gestaltet
Von Peter Pernsteiner
Die Bastel-Hochsaison der Modellbahner beginnt im Herbst, wenn die Abende daheim wieder länger sind. Genau passend zu dieser Zeit wurde der 2. Dezember als „Tag der Modelleisenbahn“ etabliert … mit vielen Aktivitäten von Herstellern, Händlern und Vereinen. So laufen auch bei den Eisenbahn- und Modellbahnfreunden Taufkirchen/Vils (EMFT) in Oberbayern derzeit die Bauarbeiten auf Hochtouren. Dieser seit 35 Jahren existierende Verein hat sich einiges vorgenommen: In der Ortsmitte entsteht in einem angemieteten Keller seit fünf Jahren eine rund 100 Quadratmeter große Modellbahnwelt im Maßstab 1:87, die jetzt in den Endausbau geht. Sie ist eine wunderschöne Kombination aus exakt vorbildgerechter Nostalgie-Nebenstreckenromantik der 1960er Jahre und Moderne mit österreichischem Nightjet-Zug, TGV und mehr. Dabei muss längst nicht alles todernst gesehen werden. Kürzlich wurde ein gigantisches Bahnhofsgebäude zwar nach historischem Vorbild gebaut, aber statt Skulpturen stehen auf dem Dach und an Vorbauten Abguss-Figuren von Galliern und Römern (siehe Foto). Vielleicht ist es solchen Kombinationen mit Raum für Fantasie zu verdanken, dass der Verein unter seinen 56 Mitgliedern auch 6 Jugendliche zwischen 9 und 15 Jahren und drei junge Erwachsene unter 30 Jahren hat. Auf der Anlage entstand beispielsweise eine komplett selbst konstruierte moderne E-Lok-Wartungshalle mit Inspektionsgrube und benachbartem Verwaltungsgebäude. Darin sind sogar Bürokräfte zu sehen, die am Schreibtisch eingeschlafen sind. Und für die Vorbild-Liebhaber gibt es Szenen bis hin zur Vorbereitung eines Maibaums für den Transport zum Aufstellplatz.
10. Tag der Modelleisenbahn
Bereits zum zehnten Mal ist am 2. Dezember der „Tag der Modelleisenbahn“. Diese Aktion wurde einst von der TV-Sendereihe „Eisenbahn-Romantik“, vom Verband der Modelleisenbahner und Eisenbahnfreunde Europas (MOROP) und weiteren Verbänden ins Leben gerufen. Rund um dieses Datum beleben Vereine, Hersteller und Fachhändler das bei manchen in Vergessenheit geratene Hobby. Viele Veranstaltungen sind hier auf einer interaktiven Landkarte und einer Liste zu finden. Darüber hinaus gibt es in der gesamten Vorweihnachtszeit verstärkt Ausstellungen, Aktionsflächen in Einkaufszentren und vieles mehr. So hat beispielsweise der Kleinserienhersteller KM1 Modellbau ab seiner am 7. Dezember stattfindenden Hausmesse eine 20 Meter lange Spur 1-Modulanlage zu Gast. Auf ihr ist an vielen Tagen bis in den Januar 2025 hinein Spielbetrieb nach Lust und Laune möglich – auch für selbst mitgebrachte Zuggarnituren.
Die meisten großen Hersteller präsentieren ihre Neuheiten für 2025 traditionell erst nach Weihnachten bis zur Spielwarenmesse. So ist es prinzipiell auch bei Märklin. Allerdings hat der Marktführer bereits zwei Jahresmodelle für die Mitglieder seines „Insider“-Kundenclubs vorgestellt. Für die Fans der klassischen H0-Welt im Maßstab 1:87 kommt das Modell einer vor fast 100 Jahren in sechs Exemplaren an die Deutsche Reichsbahn gelieferten E-Lok der Baureihe E 95. Das Vorbild war mehr als 20 Meter lang, wog 138,5 Tonnen und hatte eine Dauerleistung von 3200 PS. Die aus Zinkdruckguss gefertigte Märklin-Lok ist 241 mm lang und hat neben vielen digital schaltbaren Licht- und Soundfunktionen auch zwei elektrisch hebbare Stromabnehmer sowie einen Energiepuffer zur Überbrückung von Stromunterbrechungen bei stark verschmutzten Gleisen. Nachdem die Lok ursprünglich für bis zu 2200 Tonnen schwere Kohlezüge konzipiert wurde, hat Märklin auch ein Set mit zehn dazu passenden Großraum-Selbstentladewagen der Gattung Oot Oldenburg sowie einen Güterzug-Begleitwagen der Gattung Pwg Pr 14 vorgestellt. Die zweite angekündigte Club-Neuheit dürfte die Herzen der Spur Z-Modellbahner höherschlagen lassen. Der Dieseltriebwagen der Baureihe 628.2 wurden in Kombination mit einem Steuerwagen 928.2 ab 1988 in 150 Exemplaren an die DB ausgeliefert. Er kam mehr als 25 Jahre im Nah- und Regionalverkehr zum Einsatz. Die Zuggarnitur im Maßstab 1:220 ist 207 mm lang und kann wie das Vorbild in mehreren Einheiten aneinandergereiht fahren.
Große Wagen und Loks
Die zahlreichen Hersteller von Kleinserienmodelle der großen Spur 1 im Maßstab 1:32 kündigen das ganze Jahr über immer wieder Neuheiten an. So hat der Kleinserienhersteller Steiner Modellwerke kürzlich das erste Handmuster eines faszinierend fein detaillierten Länderbahn-Rungenwagens vorgestellt, dessen Vorbild ab 1896 im Einsatz war. Das Modell mit filigranen Speichenrädern wird in mehr als zehn Varianten aus Messing in Handarbeit produziert und hat eine Länge von 359 mm ohne bzw. 381 mm mit Bremserhaus. Zirkus-Nostalgie bringt das ebenfalls aus Messing gefertigte Modell des Elefanten-Transport-Spezialwagens des weltbekannten Circus Krone. Sein Vorbild wurde 1925 gebaut und blieb bis 1999 im Einsatz. Bee‘s Modellbahn (BMB) fertigt den 438 mm langen Wagen in fünf verschiedenen Lackierungs- und Epoche-Varianten. Als Besonderheit hat der Wagen ein Soundmodul mit Tiergeräuschen an Bord. Wer möchte, kann ihn für 350 Euro Aufpreis als von Michiel Stolp patiniertes Modell erwerben – inklusive Elefant im Maßstab 1:32. Es soll sogar innen patiniert und mit Stroh ausgelegt werden. Zudem ist eine streng limitierte „Benjamin Blümchen“-Edition des Wagens für Fans dieser Zeichentrickfigur geplant.
Sieben Kilogramm schwer ist das erste Handmuster der sehr ungewöhnlich wirkenden Altbau E-Lok EG 539. Sie hat eine Länge von knapp 54 cm und wird von Fine Models als auf insgesamt 40 Stück limitierte Kleinserie gefertigt. Geplant ist, dass die Handarbeit-Produktion auf vier Varianten der Epochen I und II verteilt wird. Allerdings lässt die Limitierung schon erahnen, dass das Modell in der Edel-Preisklasse positioniert ist … es wird für knapp 9000 Euro angeboten. Natürlich geht es auch im Maßstab 1:32 ganz modern. Hier will KM1 Modellbau demnächst mit der Auslieferung der Universallok Vectron von Siemens beginnen. Sie ist in Mischbauweise aus Zinkdruckguss und Messingfeingussteilen gefertigt. Wer diese Lok in exklusiverer Messing-Handarbeit-Bauweise haben will, kann sie jetzt bei Kiss Modellbahnen Schweiz ordern, muss dafür aber rund 50 Prozent mehr investieren.
Faszination Dampf
Natürlich gibt es auch zahlreiche Dampflok-Neuheiten in 1:32. KM1 hat beispielsweise jetzt ein Handmuster seiner Schnellzuglok der Baureihe 03.10 vorgestellt, die in elf Varianten gefertigt wird. Und BMB will eine Dampflok nach österreichischem Vorbild ebenfalls aus Messing in Handarbeit fertigen. Das Modell der Baureihe 92.22 soll in nicht weniger als 19 Varianten kommen. Bei einer weiteren Variante sind sogar einige individuelle Anpassungen möglich. Allen oben genannten Spur 1-Modellen ist allerdings gemeinsam, dass sie elektrisch von einem Motor angetrieben werden und Dampfloks nur mit Hilfe einer elektrisch beheizten Rauchentwickler-Einheit qualmen. Es gibt aber auch eine richtige Fangemeinde mit Dampfloks, die einen echten Wasserkessel haben und per Gas, Spiritus oder Kohlen angeheizt werden. Am meisten verbreitet sind hier Echtdampf-Loks, die auf Gartenbahngleisen von LGB oder Piko mit 45 mm Spurweite fahren. Und wenn sich Fahrer dieser Modelle treffen, wird der Maßstab nicht so akribisch eng gesehen, wie bei den Spur 1-Fans. So gab es Ende September 2024 im Rahmen des 35-jährigen Jubiläums des oben erwähnten Vereins EMFT in Taufkirchen/Vils ein tolles Livesteam-Lok-Treffen. Auf der 16 x 5 Meter großen Ovalanlage waren kunterbunt gemischt Loks in Maßstäben zwischen 1:16 und 1:32 unterwegs – frei nach der Devise: Modellbahn muss vor allem Spaß machen!
TAG DER MODELLEISENBAHN
Rund um den Tag der Modelleisenbahn, am 2. Dezember 2024, laden Modelleisenbahnclubs. Händler und Hersteller zu ihren Veranstaltungen in Deutschland, in der Schweiz und in Spanien ein.
- Initiatoren: TV-Sendereihe Eisenbahn-Romantik, Verband der Modelleisenbahner und Eisenbahnfreunde Europas (MOROP) und weiteren Verbänden
- Erster Tag der Modelleisenbahn war: 2. Dezember 2015
Über den Autor
Peter Pernsteiner entdeckte mitten im Elektrotechnik Studium seine Liebe zum Technik-Journalismus und landete bald danach in der Redaktion einer großen ITK-Fachzeitschrift. Seit 1994 schreibt er als freier Journalist insbesondere über Technik-Themen – unter anderem für Magazine im Bereich Modelleisenbahn. 2016 startete er zudem einen YouTube-Kanal für Technikreportagen, der inzwischen weltweit Beachtung findet.