
Stippvisite bei Mandy Köbkes Toy Box in Dubai
Innovative Geschäftsideen und gutes Spielzeug sind überall gefragt
Von Sibylle Dorndorf
Im Jahr 2012 wurde Mandy Köbke zum ersten Mal Mutter – und stellte fest, wie schwierig es war, schönes und hochwertiges Spielzeug zu finden. Spielzeug, wie sie es aus ihrer Kindheit in Deutschland kannte. Mandy Köbke ist Expat und lebt in Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). Frustriert über das damalige Angebot suchte sie in allen Ländern, die sie bereiste, nach schönem Kinderspielzeug und kehrte regelmäßig mit Koffern voller Holzspielwaren zurück. Diese Mitbringsel wurden schnell auch im Freundes- und Bekanntenkreis sehr begehrt. Mandy Köbke beschloss, selbst Spielwaren zu vertreiben – 2015 wurde Toybox.ae gegründet.
Nachgefragt
Mandy, jetzt möchte ich natürlich wissen: Womit haben Sie als Kind gespielt?

Mandy Köbke: Ich hatte wunderschöne Holzspielwaren, viel Montessori und eher langlebige Produkte von hoher Qualität.
Was gab es in den Anfängen der Toy Box in den VAE an Spielzeug zu kaufen?
Mandy Köbke: Es gab und gibt viele Kunststoffspielwaren. Das heißt nicht, dass Eltern aus den VAE Billig-produkte kaufen – sie achten schon auf Marken wie zum Beispiel Fisher Price –, aber vom Material her dominiert Kunststoff.
Sie haben mit Toy Box ein reines E-Commerce-Business gegründet. Warum?

Mandy Köbke: Wir haben hier eine andere Handelslandschaft als in Deutschland: Vorwiegend große Malls mit sehr teuren Mieten. Dort findet man die Big Player, aber kaum kleine Geschäfte. Ich hatte 2022 einen Pop-up Store in einer neu eröffneten Mall, weil die Konditionen günstig waren. Doch als ein großes Möbelhaus seine Fläche vergrößern wollte, musste ich nach eineinhalb Jahren schließen.
Wie groß war der Pop-up Store?

Mandy Köbke: Er war winzig – zwei Meter tief und sechs Meter breit. Ich habe eine kleine Auswahl meines Sortiments gezeigt, Mitnahmeartikel als Geschenke. Es lief gut, aber ein stationäres Geschäft ist ein hoher Kostenfaktor.
Gibt es denn gar keinen klassischen Einzelhandel in den VAE?
Mandy Köbke: Es gibt Community Malls und vereinzelt kleinere Geschäfte in Wohngebieten, aber insgesamt dominieren große Einkaufszentren. Als kleiner Händler geht man dort unter. Deshalb habe ich mich wieder auf mein E-Commerce-Modell konzentriert.
Dubai ist die Hauptstadt des gleichnamigen Emirats und mit zirka 3.5 Millionen Menschen die bevölkerungsreichste Stadt der VAE. Dubai ist für ultramoderne Architektur und Luxusläden bekannt. Die Dubai Mall gehört mit 350.000 Quadratmetern zu den größten Einkaufszentren der Welt. Mit über 1.200 Geschäften, 120 Restaurants und Cafés, einem riesigen Aquarium mit 30.000 Fischen und einer olympischen Eislaufbahn ist die Dubai Mall eine spektakuläre Attraktion für jährlich über 100 Millionen Besucher.
Hatten Sie Erfahrung mit E-Commerce?
Mandy Köbke: Nein. Das habe ich mir alles selbst beigebracht. Ich habe eine kaufmännische Ausbildung – das hilft, aber vieles war Learning by Doing.
Wie waren Ihre ersten Jahre mit Toybox.ae?

Mandy Köbke: Es war hart. Aber mit meinem Sortiment an hochwertigen Spielwaren und Geschenkartikeln habe ich eine Nische besetzt. Menschen lieben schöne und ausgefallene Sachen, die nicht jeder hat – man muss sie nur finden. Dazu kam der Trend zu nachhaltigen Toys. Wir sind hier noch nicht auf europäischem Stand, aber nachhaltige Produkte werden mehr nachgefragt, auch bei Spielwaren. Was Holzspielzeug angeht, gab es allerdings Erklärungsbedarf.
In welcher Hinsicht?
Mandy Köbke: Arabische Kunden wollen das perfekte Produkt. Ein Asteinschluss im Holz wurde als minderwertig empfunden. Ich musste erklären, dass das Holz von einem Baum stammt und solche Merkmale das Produkt einzigartig machen. Auch fehlende Gebrauchsanleitungen waren ungewohnt. Deshalb habe ich Tutorials auf Social Media gemacht, was neue Kunden brachte.
Wer waren Ihre ersten Kunden?

Mandy Köbke: Vor allem Expats, denen es ähnlich ging wie mir. Sie suchten Holzspielwaren, die sie aus ihrer Kindheit kannten. Um mehr Kunden zu erreichen, hatte ich Stände auf Märkten und im Kindergar-ten. Inzwischen habe ich mehr arabische als westliche Kunden – ein Lernprozess für beide Seiten.
Verdienen die Menschen in den VAE gut?
Mandy Köbke: Die Gehälter der Mittelschicht sind durchschnittlich, aber die Mieten sind teuer. Viele junge Familien sind Doppelverdiener, die Kinder werden oft von Nannys betreut.
Wie ist das Schulsystem?
Mandy Köbke: Es gibt viele, sehr teure Privatschulen. Kinder von Expats besuchen ausschließlich Privatschulen – ab 10.000 Euro im Jahr. Früher waren die Kosten mit den Arbeitsverträgen abgedeckt, heute meist nicht mehr. Ab vier Jahren gehen die Kinder in die Vorschule, oft mit eigenem iPad. Ansonsten sind die Lebensstile nicht so verschieden wie man denkt – es wird viel gefeiert: Diwali, Ramadan, Weihnachten, Ostern ...
Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) bestehen aus sieben Emiraten: Abu Dhabi, Dubai, Sharjah, Ajman, Um al-Qawain, Ras al-Khaimah und Fujairah. In den VAE leben rund elf Millionen Menschen. Etwa 85 Prozent der Einwohner sind Ausländer. Sie erbringen den größten Teil der Wirtschaftsleistung. Die VAE besitzen die sechstgrößten Ölvorkommen der Welt und sind eines der reichsten Länder der Welt mit einem Pro-Kopf-BIP von 71.139 US-Dollar (kaufkraftbereinigt im Jahr 2020).
Was muss man sich unter Diwali vorstellen?
Mandy Köbke: Diwali ist das indische Weihnachten: Häuser und Straßen sind mit Lichtern geschmückt, es gibt Feuerwerk und Märkte. Alle Feste sind sehr kommerziell, sich gegenseitig zu beschenken hat Tradition.
Haben Sie in den VAE mehrfach im Jahr Umsatzspitzen, anders als in Europa?
Mandy Köbke: Das stimmt. Dennoch war der Start mit einem reinen E-Commerce-Modell schwer.
Warum?
Mandy Köbke: Vor der Pandemie waren die Emiratis nicht besonders E-Commerce-affin. Erst mit Corona nahm die Entwicklung Fahrt auf. Viele Familien bummeln noch immer gern durch die Malls, schauen sich Produkte an und kaufen dann online zum besten Preis.
Beratungsdiebstahl nennt man das in good old Europe ...

Mandy Köbke: Ja, das ist hier leider auch üblich. Man muss sich durch Sortiment und Beratung abheben, auch online.
Was war die erste Marke, die Sie führten?
Mandy Köbke: HaPe. Das Unternehmen hatte damals schon Distributoren in den VAE, aber mit meinem Fokus auf Holzspielzeug konnte ich eine Nische besetzen.
Wie kamen Sie in Kontakt zu HaPe?
Mandy Köbke: 2012 habe ich erstmals die Spielwarenmesse besucht, um ein kleines, feines Sortiment zusammenzustellen. Später kamen Grimm’s, Andreu Toys, Lernspielwaren und auch Kinderwagen sowie Baby-Kleinkindartikel dazu.
Sind Lernspielwaren gefragt in den VAE?

Mandy Köbke: Sehr. Eltern achten darauf, ihren Kindern Bereiche wie STEM frühzeitig nahezubringen. Kinder sollen fit für die Zukunft gemacht werden.
Wo informieren Sie sich über neue Produkte für die Toy Box?
Mandy Köbke: Ich besuche seit 2012 jedes Jahr die Spielwarenmesse. Dort treffe ich meine Lieferanten und finde neue Hersteller – ein Pflichttermin, der Spaß macht.
Sie haben neben Toybox.ae auch ein B2B-Geschäftsmodell entwickelt. Wie sieht das aus?
Mandy Köbke: Ich bin Distributor und vertrete exklusiv renommierte Marken in den VAE und dem gesamten Mittleren Osten. Mein Portfolio umfasst Magna-Tiles, Ostheimer, Grimm's Wooden Toys und viele mehr. Mittlerweile weiß ich, welche Produkte hier gefragt sind und habe Kontakte, die Türen öffnen.
Das heißt, wer diese Märkte erobern möchte, darf sich vertrauensvoll an Sie wenden?
Mandy Köbke: Sehr gerne.
Über die Autorin
Sibylle Dorndorf schreibt seit fast 30 Jahren über die Spielwarenbranche, zuletzt war die Journalistin Chefredakteurin der TOYS-Magazinfamilie im Göller Verlag, Baden-Baden. Ihre Passion: Unternehmen, die sich neu erfinden, Marken, die sich glaubwürdig positionieren, Menschen, die etwas zu sagen haben und Produkte mit Zukunft.


