SPIEL 2025: Kulturreise durch die Spielideen

Von Peter Neugebauer

Mit einem um ca. 7 % gesteigerten Besucherrekord und einer um 13 % erhöhten Ausstellungsfläche brach die diesjährige SPIEL in der Messe Essen alle Rekorde. 948 Aussteller aus 50 Nationen spiegelten die Vielzahl des analogen Spiels. Gleichzeitig werden Unterschiede der verschiedenen Kulturen deutlich. Das macht die Veranstaltung für Besucher und Aussteller attraktiv und spannend.

Vieh und Bodenfrüchte. Ein alteingesessener Landwirt muss vieles im Blick haben. Reine Monokulturen werden nicht gepflegt. Vielmehr sollte Vieh auf saftigen Weiden grasen, Obstbäume auf grünen Streuwiesen gedeihen und Feldfrüchte im gesunden Ackerboden wachsen. Solch vielfältige Aufgaben gilt es in Landgut von Nanox Games e.U. aus Österreich zu meistern. Der Autor Peter Prinz und die Illustratorin Alizée Favier haben ein Spiel gestaltet, bei dem die Balance zwischen allen Anforderungen stimmen muss. Projekt- und Gebietskarten sind Motor des Geschehens. Schließlich gilt es, im Vergleich aller bäuerlichen Familienbetriebe die „Rübe vorn“ zu haben. Es gilt viel zu beachten.
Autor: Peter Prinz. Illustratorin: Alizée Favier.

Leuchten im dunklen Tann. Irrlichter erhellen den nächtlichen Wald. Sie flackern in verschiedenen Farben und bilden Symbiosen mit den umgebenden Bäumen. Sie stecken voller Leben, lassen sich lenken und sollen den eigenen Wald hell erstrahlen. Der Autor Reed Ambrose und der Illustrator Stepán Drasták haben beim tschechischen Verlag CGEWispwood veröffentlicht. Jeder greift aus einer gemeinsamen Auslage ein passendes Irrlicht-Plättchen sowie eine dazugehörige Pentomino-Form. Damit wird eine eigene Auslage gebildet. Über drei Runden müssen die Vorlieben von Lichtern und Bäumen berücksichtigt werden, Von Runde zu Runde verblast das Schimmern allmählich. Ein schöner Effekt.
Autor: Reed Ambrose. Illustrator: Stepán Drasták.

Insel voller Zauberwesen. Mookis heißen diese frech-süßen Wichte und bevölkern Mooki Island von Le Scorpion Masqué aus Canada. Florian Sireix als Autor und Seppyo als Grafiker haben kongeniale Arbeit geleistet und dieses gelungene Kartenspiel für zwei geschaffen. Fünf Familien von wundersamen Wesen sind auf großen Doppelkarten abgebildet. Auf der Vorderseite befindet sich ein, auf der Rückseite ein anderer Mooki. Der Spieler entscheidet, welchen er wählt und sammelt. Ziel sind Mehrheiten in den Clans. Die Spinne versalzt allerdings Erfolge. Und zum Schluss darf bei einzelnen Mookis ein Name auf einem Poster eingetragen werden. Empfehlenswertes Kinderspiel für zwei.
Autor: Florian Sireix. Grafiker: Seppyo.

Tag der Toten. In Mexiko ist der „Dia de los Muertos“ alljährlich ein farbenfrohes Fest, an dem der Verstorbenen gedacht wird. Als Patrona wacht Catrina über dem Festival. Die Autoren Frédéric Boulle und Grégory Crad haben diese Idee spielerisch in Szene gesetzt, Jérémie Fleury hat farbenfroh illustriert und der französische Verlag The Flying Games Viva Catrina herausgebracht. In einem Legespiel bringt jeder sein Dorf zum Leben. Wege müssen verknüpft, Fabeltiere aus buntem Papier gut platziert und Totenkopf-Lampions gewonnen werden. Das alles ist ein buntes, wirres Treiben. Eine andere Art, Tote zu ehren.
Autoren: Frédéric Boulle und Grégory Crad. Illustrator: Jérémie Fleury.

Expedition am Nordpol. Als Tierforscher und Fotograf ist jeder unterwegs in eisiger Kälte. Um einen guten Schnappschuss zu erheischen, müssen die Forscher auf Distanz zu den Objekten gehen, um die Tiere nicht zu erschrecken. Borealis vom polnischen Hersteller Lucky Duck Games, Autor Dariusz Mindur, Illustrationen von Rodrigo Camilo, u.a. schaffen ein atmosphärisches Setting. Eisbären, Robben, Seehunde und manches Tier mehr wird durch Kartenauslegen beobachtet. Dabei müssen keine Preisgelder bezahlt werden. Vielmehr benötigt jeder Ressourcen wie Forscherfiguren oder passende Fahrzeuge vor Ort. Spezialkarten ermöglichen Zusatzoptionen. Stimmungsvolles Spielabenteuer.
Autor: Dariusz Mindur. Illustrator: Rodrigo Camilo.

Meditativer Tempelteich. In Fernost lieben es Architekten, die Stille der Natur mit Seerosenteichen, in denen Koi-Karpfen schwimmen, zu komplettieren. Der Verlag Albi aus Tschechien, der Autor Uwe Rosenberg und der Illustrator Jindrich Pavlásek haben dieses Thema in dem schön gestalteten Legespiel Garden Lake verwirklicht. Jeder gestaltet mit Legeplättchen seinen eigenen Teich. Dabei ist auf Harmonie zwischen den Wasserblumen und den goldglänzenden Fischen zu achten. Spielclou sind trickreiche Aktionen, die Kettenzüge erlauben und bei denen sich aus dem Plättchenpool der Mitspieler bedient werden darf. Das schafft Interaktion. Friedliches Thema mit leichtem Ärgerfaktor.
Autor: Uwe Rosenberg. Illustrator: Jindrich Pavlásek.

Technik und Natur. Die Spielidee ist zukunftsweisend. Als Ökomechaniker versucht jeder, die neue Welt einer ökologisch orientierten Gemeinschaft mitzugestalten. Dazu werden alte Druiden zerlegt, um deren Bauteile zu nutzen. Bei manchen lohnt sich eine Reparatur oder es wird eine neue Generation von Hausdruiden konstruiert. Fabien Gridel als Autor und Anne Heidsieck mit einfühlsamen Illustrationen haben sich für Blue Cocker Games aus Frankreich diese aktuelle Spielgeschichte in The Last Droids ausgedacht. Mit geschicktem Tauschmechanismus werden nötige Ressourcen gewonnen, um diese zielführend einzusetzen. Die Karten sind thematisch hübsch illustriert.
Autor: Fabien Gridel. Illustratorin: Anne Heidsieck.

Exotische Königsdynastie. Ein mittelalterliches Reich in Korea wird nachgebaut. Eine fernöstlich anmutende Landschaft mit ikonischen Gebäuden wie Pagoden und Buddha-Statuen sowie prächtig blühenden Bäumen entsteht sukzessive auf dem Plan. Silla, so der Name von Spiel wie Königreich, wird vom Verlag Magic Bean Games aus Südkorea herausgegeben, ohne Nennung von Autor und Illustrator. Das Szenario ist ein Augenschmaus. Landschaftsteile werden dominoartig aneinandergelegt, wuchtige Holzfiguren verschönern die Auslage. Es ist wichtig zu erspüren, wann man am Zug sein möchte. Der frühe Spieler ist bei Ressourcen eingeschränkt, hat aber mehr Auswahl. Ein Hauch von Fernost.

Wie im Hollywood-Film der 80er. Ein Ufo (mit ET?) ist auf die Erde gestürzt. Das Mutterschiff wurde für die Rettung informiert. Bis es eintrifft, muss sich das Alien verstecken, denn Detektive haben sogleich die Verfolgung aufgenommen. Eine asymmetrische Jagd beginnt, bei der der Fremde ganz im Verborgenen agiert und die Verfolgergruppe sich auf dem Plan absprechen darf. 1ers Contacts vom französischen Verlag Explor 8 ist vom Autor Michael Munoz ersonnen und von VIDU, u.a. illustriert worden. Zwölf geheime Akten lassen stets andere Szenarien entstehen, bei denen das Alien immer neue, individuelle Aufgaben erledigen muss, ohne in Gefangenschaft zu geraten. Abwechslung ist garantiert.
Autor: Michael Munoz. Illustration: u.a. VIDU

Leben im Sumpf. In der Gegend voller Moore und Moraste ist ein ständiges Kommen und Gehen. Verschiedene Einwohner dieser Schlammlande wetteifern um Aufstieg und Ansehen. Nach Fischgründen muss genauso gesucht werden wie nach Orten mit festem Boden für guten Siedlungsbau. Nichts funktioniert allein, ohne Handelspartner gibt es keinen Fortschritt und die Götter im nahen Tempel wollen erweckt werden. Aus Chile stammt der Verlag Fractal Juegos. Die Autoren Helge und Anselm Ostertag sowie der Illustrator Mihajlo Dimitrievski haben das Sumpfabenteuer Feya’s Swamp geschaffen. Sehr vielversprechend.
Autoren: Helge und Anselm Ostertag. Illustrator: Mihajlo Dimitrievski.

Touristenattraktion. Am Altstädter Rathaus in Prag hängt die astronomische Uhr, eine von drei in ganz Europa. Orloj wird sie wie das aktuelle Spiel vom Verlag Perro Loko Games aus Spanien genannt. Als Autoren firmieren Paloma J. Pascual und Abraham S. Hermida, grandios illustriert von Amelia Sales. Dieses Prunkstück mittelalterlicher Technologie funktioniert noch heute und wird in diesem Spiel gewürdigt. Das Spiel widmet sich dem Glockenspiel, dem Sternzeichenkalender und den umlaufenden Aposteln. Mit Worker-Placement konstruieren die Spieler als filigrane Baumeister die Uhr nach. Tolles Setting.
Autoren: Paloma J. Pascual und Abraham S. Hermida. Illustratorin: Amelia Sales.

Klassischer Dungeon-Crawler. Ab ins Verlies. Zuvor muss auf dem Feenmarkt allerlei Nützliches eingekauft werden. Wie immer fehlt Geld, um alles zu erwerben. Jeder baut und entdeckt seine eigene Tunnelwelt. End- und Zwischenziele geben den Takt vor. Im kooperativen Spielmodus kommt es auf Absprachen vor und während des Abenteuers an. Hier tauchen nun auch die zu bekämpfenden Monster auf. Ein Beiheft mit 14 Missionen sorgt für Abwechslung. Map Masters vom belgischen Verlag Captain Games, der Autor Ian Sebastian Bach sowie der Illustrator Adrien Journal machen nicht viel neu. Das aber gut.
Autor: Ian Sebastian Bach. Illustrator: Adrien Journal.

Über den Autor
Peter Neugebauer ist ein „Spielkind“ durch und durch. In früher Kindheit wurde er durch seine Eltern ans Brettspiel herangeführt. Spiele als Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenk waren obligatorisch und stets gern gesehen. Er hörte auch während des Studiums oder während seiner Berufsjahre nicht auf zu spielen. Schon früh rezensierte er Neuheiten, zunächst in reinen Fachzeitschriften, dann auch in Tageszeitungen und seit fast 40 Jahren in Branchenmagazinen. Ohne Spielen geht’s bei ihm nicht.